Sous-vide und Oberhitzegrills: die Traumkombination
Steakliebhaber und Oberhitze-Grills: Das ist eine Kombination, die eigentlich perfekt zusammenpasst. In vielen Fällen allerdings nur solange, bis das Männerspielzeug der Stammtischrunde vorgeführt wird und dabei dann sechs hungrige Kerle verköstigen muss. Schließlich sind die Jungs ja alle der Meinung, dass ein Steak mindestens 300 Gramm haben sollte… Was genau ist nun das Problem? Die Antwort ist simpel: die Kapazität. Denn die meisten Oberhitzegrills haben relativ wenig Fläche. Die reicht im besten Fall für zwei Rib-Eyes oder Rumpsteaks auf einmal, aber eben nicht für sechs. Und anders als bei klassischen Gasgrills mit Infrarot-Zone fehlt Geräten von Beefer, Beeftec, 1650, Klarstein & Co. nun einmal ein zusätzlicher Garraum. Weshalb das Steak nach dem Aufbringen der Röstkruste normalerweise einfach im Grill weiter nach unten wandert, damit es zumindest im Kern eine Temperatur bekommt, bei der das Essen Spaß macht. In der Konsequenz ist der Grill aber erst einmal für weiteres Fleisch blockiert – je dicker die Steaks, desto länger. Vielleicht wäre ja doch ein „richtiger“ Grill die bessere Option gewesen… – Von Markus Mizgalski
Brauche ich einen Vakuumierer um das Fleisch fürs Sous-Vide vorzubereiten? Die Antwort ist: Brauchen nicht, aber praktisch wäre es schon... Wir haben Vakuumiergeräte von Lava für Anfänger und Fortgeschrittene in unserem Shop.
Sous-vide ist die Lösung
Um es direkt zu sagen: Ein „richtiger“ Grill muss nicht sein, denn mit der richtigen Zusatzausstattung schafft auch ein Oberhitze-Grill ordentlich Durchsatz. Der Trick ist, das Gerät nur für das zu verwenden, was es richtig gut kann, und zwar mächtig Röstaromen auf ein Steak zaubern. Das eigentliche Garen muss anderweitig erfolgen. Die simpelste Variante ist dabei ein Verfahren, das ganz ursprünglich aus dem Laborbereich kommt, dann in die Molekularküche gewandert ist und inzwischen der breiten Masse zur Verfügung steht. Denn spätestens seit diesem Jahr haben sogar die Discounter Sous-vide für sich entdeckt. Aber was genau bedeutet das eigentlich? Wörtlich übersetzt heißt der aus dem Französischen stammende Begriff so viel wie „Garen unter Vakuum“. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn es reicht nicht aus, ein eingeschweißtes Steak in heißes Wasser zu werfen, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen. Das eigentliche Geheimnis besteht in einer exakten Steuerung der Wassertemperatur. Hochwertige Sous-vide-Geräte lassen sich bis 1/10 Grad genau regulieren, was auch der Grund für ihre Beliebtheit in der Molekularküche ist. So kann beispielsweise Eiklar bei etwa 62 °C auf eine fest-flüssige Grenzkonsistenz gebracht werden, ohne dass das Eigelb auch nur im Ansatz fest wird.
Soweit muss man im Grillbereich nicht gehen; die günstigeren Sous-vide-Geräte arbeiten meist gradgenau, was für die heimische Küche völlig ausreichend ist, sofern man nicht auf den Spuren von Ferran Adria wandeln will. Denn natürlich ist der Einsatz des Wasserbades nicht nur auf Fleisch beschränkt, auch Fisch oder Gemüse kann man darin auf den Punkt genau garen. In Verbindung mit Steaks stellt Sous-vide letztlich eine Sonderform des „Rückwärtsgrillens“ dar. Damit wird normalerweise eine Grilltechnik bezeichnet, bei der man bei indirekter Hitze ein Steak auf die gewünschte Kerntemperatur gart und dann ganz zum Schluss über sehr hohen Temperaturen mit Röstaromen versieht. Das Wasserbad macht im Prinzip genau dasselbe: Stellt man das Gerät auf 55 °C ein, sorgt es dafür, dass das Wasser diese 55 °C behält. Damit wird ein Steak mit der Zeit durchgängig auf genau diese 55 °C erhitzt. Es kann also nicht übergart oder zur Schuhsohle verarbeitet werden, jedenfalls nicht, solange es darin liegt. Zumal der Vakuumbeutel dafür sorgt, dass viel Fleischsaft im Steak bleibt. Und es spielt auch (fast) keine Rolle, wie lange das Steak im Wasser liegt. So bekommt der Gast, der sich dummerweise verspätet hat, ein exzellentes Stück Fleisch.
Das passende Gerät
Wer vor einigen Jahren noch auf der Suche nach bezahlbaren Sous-vide-Geräten war, landete früher oder später bei einer Bastellösung aus Aquarienzubehör. Denn unter 1.000 Euro war hier kaum etwas zu wollen. Alternativ musste schon so mache Spülmaschine zu Testzwecken herhalten. Das klingt schräg, funktioniert aber, weil die meisten Modelle ein 55 °C-Programm besitzen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Maschine ansonsten frei von Schmutzgeschirr ist und man auf Tabs verzichtet. Das Steak soll warm werden, nicht sauber. Inzwischen bieten Discounter allerdings kleine Becken schon für rund 50 Euro an. Doch reicht das? Was benötigt denn der Griller eigentlich? Hierzu ist es sinnvoll, erst einmal zu schauen, was es überhaupt alles gibt. Denn grundsätzlich stehen drei verschiedene Systeme zur Auswahl: Kleine Becken mit Heizung, größere Becken mit Umwälzung und Thermostate, die wie ehedem ein Tauchsieder eingehängt werden. Die kleinen Becken fassen in der Regel zwischen fünf und sechs Liter; mehr ist ohne Umwälzpumpe auch nicht gleichmäßig zu erhitzen. Von ihrem Format her fassen solche Geräte etwa drei T-Bone-Steaks mit jeweils 600 Gramm, kleinere Steaks entsprechend mehr. Für die meisten Hobbygriller dürfte das ausreichend sein, zumal eben diese Modelle mit Preisen bis zu maximal knapp 150 Euro auch wirklich attraktiv sind.
Deutlich mehr Kapazität bieten dann Becken mit Umwälzung. Es gibt hier Standgeräte mit bis zu 600 Litern Wasservolumen; Tischgeräte gibt es bis ca. 25 Liter. Bei diesen großen Tischbädern gibt es einige Hersteller, die einen praktischen Ablasshahn integriert haben. Andere Anbieter verzichten darauf, weil sie hier eine Kältebrücke sehen, die die Genauigkeit negativ beeinflusst. Für den Grillbereich muss es aber wie schon erwähnt nicht auf 1/10 Grad exakt sein – praktischer ist da in jedem Fall die Variante mit Hahn. Allerdings sind solche Becken keine Schnäppchen: Ein Modell mit 12,5 Litern Kapazität kostet etwa 350 Euro. Dennoch ist das Schöne daran, dass man es hier mit einer relativ kompakten Einheit zu tun hat, die nicht zuletzt dank eines passenden Deckels sehr temperaturstabil und effizient läuft. Wem so ein Bad zu teuer ist oder zu viel Platz in der Küche wegnimmt, für den kommt ein Einhäng-Gerät in Frage. Diese Exemplare lassen sich mittels eines Halters am Rand sehr vieler Gefäße befestigen. Ein hoher Topf kommt ebenso in Frage wie zum Beispiel eine Kühlbox. In den letzte zwei Jahren hat sich hier noch eine Art Unterkategorie entwickelt, die sogenannten Sous-vide-Sticks. Sie sind sehr kompakt und teilweise schon ab 60 Euro zu bekommen. Der Markt bei diesen Sticks ist inzwischen leider extrem unübersichtlich geworden, zumal viele „Hersteller“ baugleiche Geräte anbieten, die lediglich anders gelabelt sind. In jedem Fall ist es hier sinnvoller, auf ein schon etabliertes und populäres Modell zu setzen, das vielleicht ein paar Euro mehr kostet, dafür aber keine Stunden braucht, um einige Liter Wasser zu erwärmen. Richtig platzsparend und flexibel ist man mit einem etwas größeren Thermostat unterwegs. Preislich zwischen 200 und etwa 250 Euro angesiedelt, haben diese Modelle mehr Heizleistung als die Sticks, eine stärkere Umwälzpumpe und sind bei Bedarf auch für größere Behälter geeignet. Eine große Kühlbox mit 30 Litern Wasser stellt hier dann kein Problem mehr dar, sodass bei Bedarf eine größere Gesellschaft mit Steaks versorgt werden kann. Die meisten Sticks dagegen sind eher für fünf bis zehn Liter ausgelegt.
Die Anwendung
Der Nachteil aller Einhäng-Lösungen besteht allerdings darin, dass sie logischerweise über den Rand ihres jeweiligen Behälters hinausragen. Klingt trivial, sorgt aber dafür, dass – anders als bei Becken – kein dicht schließender Deckel verwendet werden kann. Halb geschlossene Abdeckungen lassen nicht nur Wärmeverluste zu, sondern sorgen je nach Temperatur früher oder später für Kondenswasserpfützen neben dem Behälter. Daher bekommt man als Sous-vide-Zubehör Plastikkugeln, die als eine Art Isolator auf der Wasseroberfläche schwimmen und Wärmeverluste über die Oberfläche minimieren. Das funktioniert recht gut, erweist sich nur regelmäßig beim Entleeren des Beckens als etwas umständlich.
Hat man sich einmal für das richtige Gerät entschieden, taucht fast automatisch die nächste Frage auf: Brauche ich einen Vakuumierer? Die Antwort ist: Brauchen nicht, aber praktisch wäre es schon. Man kann für Steaks auch handelsübliche Gefrierbeutel verwenden, bei denen man unter Wasser im Spülbecken oder Sous-vide-Bad die Luft herausdrückt und sie dann fest verschließt – Zipper-Beutel sind in diesem Fall ideal. Die Lösung hat den Vorteil, dass man so je nach Bedarf einzelne Steaks entnehmen kann. Der Nachteil ist eben kein perfektes Vakuum. Übrigens muss man sich unabhängig vom Vakuumierer keine Gedanken wegen der Kombination aus Plastikbeutel und warmem bzw. heißem Wasser machen. Vernünftige Tüten sind temperaturbeständig, oftmals ist das sogar auf der Verpackung explizit ausgewiesen. Vom sonstigen Ablauf her ist das Ganze ziemlich simpel. Das Fleisch kommt im Vakuumbeutel ins Wasserbad und kann dort einige Stunden verbleiben. Man kann es vorher salzen, mancher legt ein paar frische Kräuter mit in die Tüte, zum Beispiel in Form eines Rosmarinzweigs. Wie lange man letztlich das Fleisch badet, hängt von der jeweiligen Situation ab.
Bei einer Feier sollte es genug Zeit haben, auf die Solltemperatur zu kommen. Wer also 10 Rumpsteaks mit je 300 Gramm zubereiten möchte, macht sicher keinen Fehler, ihnen vorher zwei oder drei Stunden im Wasser zu gönnen. Ein einzelnes T-Bone-Steak mit drei bis vier Zentimetern Dicke kann aber schon nach etwa 60 Minuten unter den 900 °C-Brenner oder einfach so auf einen ultraheißen Grill. Man liest hin und wieder, dass Fleisch sogar 24 oder 48 Stunden „gebadet“ wurde. Lange Garzeiten bieten sich für sehr unedle Stücke an, die viel Bindegewebe besitzen. Man kann beispielsweise auf diese Weise einen Tafelspitz so texturieren, dass er sich später in Scheiben tranchieren lässt, die noch kurz wie klassische Steaks angeröstet werden.
Dennoch ist hier etwas Vorsicht geboten. Zwar bewegt man sich gerade bei Rindfleisch noch nicht in dem Bereich, in dem sich das Bindegewebe-Kollagen auflöst. Aber trotzdem kann eine zu lange Zeit im Beutel gerade bei sehr kurzfaserigem Fleisch zu einer eher breiigen Konsistenz führen; vor allem bei Wild kommt das gar nicht so selten vor. Hat das Steak dann im Oberhitze-Grill seine Röstkruste erhalten, muss es nicht mehr weiter nachgaren, es kann sofort auf den Teller. Bei dieser Zubereitungsart gibt es dann endgültig keinen Grund mehr, das Fleisch noch ruhen zu lassen, damit es „entspannt“, was auch sonst ja schon eher strittig ist. Aber es ist eben sehr schonend und vor allem gleichmäßig gegart, was man spätestens im Anschnitt sehen kann. Denn ein Steak aus dem Wasserbad hat praktisch über die gesamte Schnittfläche den gewünschten Gargrad, während eines, das ganz klassisch gegrillt wird, sich von außen nach innen erst ganz allmählich von grau zu rosarot färbt.
Fazit:
Sous-vide ist im Prinzip eine eigene Garmethode, kann aber gerade für Steak-Liebhaber eine ideale Ergänzung zum Grill sein. Gerade in der Kombination mit einem Oberhitze-Grill oder einer Hochtemperaturzone ergibt die Anschaffung eines Wasserbades sehr viel Sinn. Natürlich laden so ein Thermostat und Becken ein, um andere Dinge auszuprobieren. Auch hier kann, wie das Beispiel des Tafelspitzes zeigt, etwas Gutes dabei herauskommen. Ob man am Ende alle Möglichkeiten eines solchen Gerätes ausnutzt, bleibt Geschmackssache. Ob es für einen echten Griller erstrebenswert ist, Pulled Pork per Sous-vide herzustellen, sei dahingestellt. Was aber wiederum sehr gut mit dem Wasserbad klappt, ist das Wamrhalten oder Aufwärmen von eben jener BBQ-Spezialität.