Messerscharf: Über was ärgert man sich mehr als über schlechtes Handwerkszeug?
Wer einmal mit einem richtig guten Messer in der Küche hantiert hat, will nie wieder ein anderes Utensil in der Hand haben, um zu schneiden, zu filetieren oder zu hacken. Doch heutzutage ist das Angebot an Küchenmessern nahezu unüberschaubar. Supermärkte, Kaufhäuser oder Shopping-Kanäle überbieten sich mit angeblichen Schnäppchen wie „Ganze Messerblöcke für unter 50 Euro”. Mit wirklich guten Messern haben diese Produkte wenig zu tun. Wer sich schon mal mit dem aufwendigen Herstellungsprozess beschäftigt hat, oder vielleicht sogar einem japanischen Messerschmied über die Schulter blicken durfte weiß, dass man für unter 20 Euro kein gutes Messer herstellen kann. Aber müssen es denn japanische Messer in der „High-end-Version“ sein, mit Preisen, die mancher für einen Kleinwagen bezahlt? Oder gibt es durchaus einen Mittelweg? – Von Gerhard Pfeffer
Qualität und Wert eines Messers
Wesentliche Kriterien, die sich zum Teil drastisch auf den Preis auswirken sind:
Das verwendete Klingenmaterial, der Grad und Aufwand bei der Verarbeitung (Handarbeit: gestanzt oder geschmiedet) und der Schliff (maschinell oder vom Meister gefertigt).
Damit verbunden sind Härte, Flexibilität, Schnitthaltigkeit, Rostfreiheit, Nachschärfbarkeit und Pflegeaufwand. Günstige Messer sind gestanzt und weisen meist eine geringe Schneidhaltigkeit auf. Stähle aus mehreren Lagen „Damaszenerstahl“ haben einen harten Kernstahl, welcher mit weicheren Seitenlagen stabilisiert wird. Dadurch, dass mehrere verschieden gefärbte Stahlsorten verschweißt sind, entstehen auf der Klinge optische Muster (Damastoptik) mit einer hohen Schneidhaltigkeit. Die Nachteile sind ein höherer Aufwand beim Pflegen, Schärfen, sowie der höhere Anschaffungspreis. Dazu aber später im Detail noch mehr.
Das verwendete Griffmaterial. Holzgriffe sind bei höherwertigen Messern oft aus schön gemaserten, pflegeaufwendigen Hölzern gefertigt. Messergriffe aus faserverstärktem Kunststoff sind resistenter, beständiger und benötigen weniger Aufwand in der Reinigung (Übergang vom Griff zur Klinge ohne sichtbaren Spalt, der das Eindringen von Pilzen oder Bakterien verhindert). Griffe sollten gut in der Hand liegen und das Messer nicht zu schwer machen, um ein ermüdungsfreies Schneiden bei größeren Mengen zu gewährleisten.
Unterschied von Schnitthaltig- und Schneidfähigkeit
Die Schnitt- bzw. Schneidhaltigkeit beschreibt den Widerstand der Messerschneide gegen Abnutzung durch mechanische, thermische und chemische Einflüsse. Sie gibt also an, wie lange eine Klinge über einen bestimmten Gebrauchszeitraum und unter bestimmten Einsatzbedingungen scharf bleibt. Sie wird vom verwendeten Klingenstahl beeinflusst, als Grundregel gilt: Je härter das Material ist, umso langsamer nutzt es sich ab, und je spröder das Material ist, umso zerbrechlicher und unflexibler wird die Klinge. Es muss also ein geeignetes Gleichgewicht zwischen Materialhärte und Lebensdauer der Klinge gefunden werden. Die Schneidfähigkeit drückt aus, wie gut die Klinge im Gebrauch schneidet. Diese Aussage ist subjektiv, da sie von der Wahrnehmung des Anwenders abhängig ist, wie leicht oder schwer es ihm fällt mit einem Messer etwas zu schneiden.
Schärfere Schneide bei Messern aus Kohlenstoffstahl
Stahl ist eine Eisen-/ Kohlenstoffverbindung. Nur durch die Verbindung des Eisens mit dem Kohlenstoff wird das Metall härtbar und ist für Klingen zu gebrauchen. Neben dem Kohlenstoff können auch noch andere Legierungselemente dazu zugefügt werden. So schützt z.B. zulegiertes Chrom vor Rost, erzeugt aber ein gröberes Stahlgefüge, was dazu führt, dass die Schneide nicht so fein ausgeschliffen werden kann, wie beim Kohlenstoffstahl.
Was ein gutes Messer auszeichnet
Die Frage, welche Messer nun die richtigen für einen sind, ist nur individuell zu beantworten und abhängig von der jeweiligen Präferenz. Im Wesentlichen kommt es auf den Einsatzzweck an. Ein Messer muss gut in der Hand liegen, stabil und natürlich scharf sein. Bei der ersten Verwendung sind alle halbwegs vernünftigen Küchenmesser noch scharf, doch wie lange dieser Zustand anhält, ist neben dem Material, der Klingenstärke und dem Schliff maßgeblich vom Härtegrad des Messers abhängig.
Messer der Premiumklasse
Teure handgeschmiedete Kochmesser vom „Meister” als Einzelstück gefertigt, stellen die Königsklasse der Kochmesser dar. Ein Produkt, welches von der Schönheit und Leistungsfähigkeit keine Wünsche offenlässt. Bei von Hand geschmiedeten Messern werden vom Schmied manchmal im oberen Klingenbereich noch die Spuren des Schmiedehammers belassen.
Diese Schmiedespuren erzeugen auch die rustikale Optik, gepaart mit dem blank geschliffenen Teil der restlichen Klinge. Dies hat auch praktische Vorteile: Die Vertiefungen, die der Schmiedehammer hinterlassen hat, verringert die Reibung zwischen Klinge und dem Schneidgut und erleichtern dadurch das Durchtrennen. Dazu verringern die Luftpolster auf der Klinge das Ankleben von z.B. Käse auf der Klinge. Wer nun zum ersten Mal ein richtiges Profimesser in den Händen hält, ist oft überrascht. Selbst der Laie erkennt die Unterschiede auf den ersten Blick. Verarbeitung, Material und Schliff sind einfach eine andere Klasse. Ein solches Messer liegt ganz anders in der Hand. Viele erkennen jetzt zum ersten Mal, was „scharf“ wirklich bedeutet. Die Arbeit damit macht einfach Spaß! Ein solches Messer hält bei guter Pflege ein Leben lang. Es wird meistens schon aufgrund seines hohen Preises gut behandelt. Man zeigt es gern seinen Freunden. Kochen wird wieder zu einem Erlebnis. Jedes Mal, wenn das Messer zum Einsatz kommt, freut man sich über sein schönes Werkzeug. Jeder Handwerker weiß, wovon hier die Rede ist. Also lieber weniger richtige, als viele billige Messer.
Messer pflegen und aufbewahren:
Schärfen
Aufrichten der Schneide, Schleifen, Abziehen
Beim Schneiden biegt sich der feine Grad der Schneide mit der Zeit um. Mit einem Wetzstab kann dieser feine Grad wieder aufgerichtet werden und das Messer schneidet wieder besser. Wenn das Messer aber stumpf wird, ist es oft mit dem Aufrichten nicht mehr getan. Das Messer muss geschärft werden. Im Handel werden die verschiedensten Schleifhilfen angeboten. Abzuraten ist vom Schleifen mit dem Bandschleifer oder anderen elektrisch betriebenen Schleifvorrichtungen, die schnell und ohne Wasserkühlung laufen.
Der Grund dafür ist, dass sich bei dem Schleifvorgang ohne Kühlung die Schneide erhitzt und dabei Härte verloren geht. Die Klinge wird viel schneller wieder stumpf. Empfehlenswert ist das Schleifen mit dem Wasserstein. Am besten mit einem Kombistein, der aus Keramikplatten mit zwei unterschiedlichen Körnungen besteht (die gröbere Seite dient dem Schärfen, die zweite feinere Seite dem Abziehen). Die Vorteile sind: leichte Handhabung, günstiger Preis, der Schneidwinkel kann beliebig gestaltet werden und es führt zu einem optimalen Schärfeergebnis.
Abziehen
Durch den Schleifvorgang entstehen an der Schneide feine Kratzer und ein Grad. Beim Abziehen mit einem Stein mit hoher Körnung (3000 oder mehr) werden die Kratzer und der Grad entfernt. Dadurch wird die Schneide deutlich besser.
Pflege
Messer aus nicht rostfreien Stählen (Kohlenstoffstähle) müssen speziell gepflegt werden. Das heißt, unmittelbar nach dem Gebrauch mit warmem Wasser spülen und von Zeit zu Zeit einölen. Messer gehören grundsätzlich nicht in die Spülmaschine. Durch die Hitze in Kombination mit der Lauge wird der feine Grad der Schneide angegriffen und das Messer wird stumpf. Als Beispiel kann man sehen, wenn man neue kristallklare Wassergläser öfters in der Spülmaschine reinigt, verliert das Glas seinen Glanz. Es wird stumpf. Dasselbe passiert mit der Messerschneide. Holzgriffe leiden besonders in der Spülmaschine. Sie werden mit der Zeit spröde und rissig.
Aufbewahrung
Wertvolle Küchenmesser sollten nicht mit anderen Besteckmessern ungeschützt in der Besteckschublade gelagert werden. Entweder in der mitgelieferten Schatulle aufbewahren oder zum Beispiel an einer Magnethalterung leicht zugänglich präsentieren. Ein schönes Messerset kann so zum Blickfang in der Küche werden. Messerblöcke sind zwar auch praktisch, bergen aber die Gefahr, dass sich für Reinigung nicht zugänglichen Schlitzen Bakterien oder Pilze sammeln.
Fazit:
Das persönliche Anforderungsprofil und der Einsatzzweck bestimmen Art und Weise der Messerherstellung. Der Preis spiegelt den Herstellungsaufwand, die Werthaltigkeit und Gebrauchsfähigkeit, sowie die persönliche Wertschätzung wider. Es macht einfach Spaß mit einem sehr scharfen Messer, das gut in der Hand liegt, zu schneiden. Mit ästhetischer Messermacherkunst lässt sich zudem die jeweilige persönliche Note unterstreichen.