Die richtige Schnittführung: Special Cut

Philipp Sontag von der Metzgerei Sontag in Kisslegg.

Die richtige Schnittführung spielt bei jedem Stück Fleisch eine absolut tragende Rolle für das Ergebnis im Mund oder besser gesagt, zwischen den Zähnen. Wenn man sich mit den Basics befasst, gehören Themen wie etwa das Fleischaufschneiden unter Berücksichtigung des Faserverlaufs an den Anfang. Absolviert man eine Ausbildung im Metzgerhandwerk oder als Koch, ist das einer der ersten Pfeiler des Fundaments, was einem an Grundwissen über Fleisch beigebracht wird. Ebenso richtungsweisend liegt es allem zugrunde. Ob roh, oder gegart, vom Schweinebraten über das Geschnetzelte, bis hin zum Flanksteak. Profis, die jeden Tag ein Messer in der Hand halten, haben diese Tatsache natürlich verinnerlicht. Wir werden aber sehr oft im Laden oder bei unseren Kursen auf die richtige Schnittführung bei den einzelnen Teilen angesprochen.

Das Lied vom Bindegewebe hab ich an dieser Stelle schon oft gesungen. Ich hoffe es hat sich herumgesprochen, dass je mehr ein Muskel zu Lebzeiten geleistet hat, desto fester und zäher ist das Stück Fleisch im Rohzustand. Deshalb werden manche Stücke, nämlich die zarten, kurzgebraten. Das zähe, bindegewebsreiche Fleisch wird lange geschmort und erst durch diesen Garvorgang weich. Was aber alle Muskeln oder Fleischstücke gemeinsam haben, ist eine sichtbare Faserstruktur. Beim einen ist sie ganz grob und gut sichtbar, beim anderen ist der Anschnitt ganz glatt und man muss genauer hinsehen. Die sichtbare Faserstruktur lässt, entgegen der landläufigen Meinung, keine optischen Rückschlüsse über die Zartheit zu. Wenn ein Stück Fleisch eine sichtbar grobe Struktur aufweist, ist es nicht automatisch zäh. Spricht man von grob oder feinfaserig (lang/kurzfaserig), ist damit die nur unter dem Mikroskop sichtbare Zellstruktur der Fleischfaser gemeint. Kurz um, man SIEHT nicht, wie zart ein Stück Fleisch ist.

Die Faserstruktur ist aber sichtbar. Jedes Stück muss beim Schneiden immer quer, möglichst im 90° Winkel zur Fleischfaser, geschnitten werden. Der Hintergrund ist, dass die Faser dem Muskel längsseits Stabilität verleiht. Sie verteilt und überträgt die Belastung. Im lebenden Organismus ist das für den Muskel wichtig, jedoch macht diese Tatsache beim Fleisch genau das Gegenteil des gewollten, nämlich zarten Ergebnisses aus. Je länger die Faser beim Schneiden gelassen wird, desto mehr Stabilität verbleibt, das bedeutet, desto zäher fühlt sich das Ganze im Mund an. Habe ich ein zartes Stück kann die Scheibe ruhig dicker sein. Aber gerade bei festen, bindegewebsreichen Stücken (Schmorbraten), gilt: Je dünner die Scheibe auf dem Teller, desto zarter das Mundgefühl.
Wir Deutschen sind es gewohnt, aus großen Muskelpartien, wie dem Roastbeef (Muskulus Longissimus Dorsi) quer zur Faser Scheiben zu schneiden, beispielsweise als Steak und diese zuzubereiten. Unsere Braten werden auch aus großen Muskelstücken zubereitet und dann in Scheiben geschnitten und serviert. Die Vorgehensweise beim Zuschnitt ist gleich. Bei kleinen Muskeln, wie zum Beispiel dem Schweinefilet, unser liebstes Kind, sind beide Vorgehensweisen bekannt. Entweder man gart es am Stück und schneidet dann Scheiben, oder es werden roh Medaillons geschnitten und diese einzeln gegart. Die neuen Steakcuts, wie das Flank sind, was ihre Form angeht, bei uns noch neu in der Pfanne oder auf dem Grillrost. Folgt man aber ob vor oder nach dem Garen der Regel, die Fleischfaser zu durchtrennen kommt man auch damit klar. So hat jedes Fleischteil seine Möglichkeiten, es zuzubereiten. Hier sind noch ein paar Beispiele für den richtigen Zuschnitt.

TRI TIP im Anschnitt

Gefüllter Rollbraten vom Nußdeckel

Als vergleichbares Beispiel aus der Natur benenne ich gerne die Faserstruktur von Holz. Wer schon einmal mit dem Werkstoff Holz in seiner Urform, nämlich dem Baum zu tun hatte, ob beim Brennholz machen oder beim simplen Abbrechen eines Astes, weiß das. Die Holzfaser verläuft immer von der Wurzel zur Krone. Sägt man von einem Baum eine etwa zwei Zentimeter dicke, runde Scheibe ab, geschieht dies quer zur Faser. Die Holzfaser ist also circa zwei Zentimeter lang. Schlägt man mit der Axt darauf bricht die Scheibe ganz leicht. Beim Spalten wird dieser Effekt auch ausgenutzt. Bei frischem Holz kann man diese Scheibe sogar ohne viel Kraftaufwand durchbrechen. Sie ist nicht besonders stabil. Sägt man vom gleichen Baum ein zwei Zentimeter dickes Brett längs der Faser kann man sich ohne weiteres darauf stellen, ohne dass es bricht.Die Faser überträgt und verteilt das Gewicht. Sie gibt dem Brett Stabilität.

Vergleichbar mit Fleisch: Die Faserstruktur von Holz

Flanksteak
Es ist das bekannteste Steak unter den New Cuts aus dem unteren Bauchlappen. Die Faser ist sehr gut sichtbar und verläuft längs. Der physikalische Vergleich zum Holzbrett liegt nahe. Es hat als ganzer Muskel die flache Form einer Scheibe. Zum Kurzbraten geeignet, jedoch fester als die üblichen Verdächtigen, wie Roastbeef und Hüfte. Sehr aromatisch und Intensiv im Geschmack. Es muss auf jeden Fall vor dem Servieren in dünne Tranchen aufgeschnitten werden.

Bürgermeisterstück
In den USA Tri Tip und in Südamerika Maminha genannt. Die Faser verläuft leicht schräg zur Spitze hin und ist sehr gut sichtbar. Am Stück oder in Scheiben ist es definitiv ein Kurzbratstück. Neben dem Tafelspitz das beste Stück für Churrasco. Es ist durch seinen aromatischen Fettdeckel hervorragend geeignet, um es bei hohen Temperaturen zu überkrusten.

Hanging Tender
Dieses Stück ist bei uns unter dem Namen Nierenzapfen geläufig. Es hat eine sehr grobe Struktur, ist sehr zart und deshalb zum Kurzbraten bestens geeignet. Sticht heraus durch seinen intensiven Geschmack. In der Mitte befindet sich eine Sehne, die das ganze Stück in zwei Seiten unterteilt. Von dieser verläuft die Fleischfaser schräg. Entweder man gart es am Stück, schneidet es in Scheiben und lässt die harte Sehne liegen, oder man pariert diese heraus und schneidet schräge Medaillons.

Rindernuss
Hier auf dem Bild ist die Rindernuss ohne Deckel (engl.Top Round) zu sehen. Bestehend aus der runden und der flachen Nuss. Es handelt sich um 2 Muskelstränge, die auch voneinander getrennt werden können. Die Faser ist nicht besonders gut sichtbar, weil fein strukturiert. Sie verläuft längs des runden großen Muskels. Die Nuss dient meistens als zarter Rinderbraten.Wird sie gelagert und stammt von einer Färse, ist sie ohne weiteres kurzbrattauglich.und kann für Steaks in Scheiben geschnitten werden.


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