Australien Travel Story TEIL 1 – Willkommen in West Australien

Australien gilt als ein Land des Barbecues und es hat mich völlig beeindruckt, wie intensiv hier diese Kultur wirklich gelebt wird. Gerade im Vergleich zu den USA und zu Südafrika, wo Barbecue oder Braai ja ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert haben und zum „Lifestyle“ gehören. Hier wie dort bedeutet Barbecue auch ein Bewahren und zum Teil auch eine Weiterentwicklung von kulinarischen Traditionen der jeweiligen Ureinwohner. Diese Verbindung begegnet einem in Australien auf Schritt und Tritt und das macht für mich ein Stück weit auch die Faszination dieses riesigen Kontinents aus. Die Menschen hier sind ungeheuer offen und gastfreundlich und es ist ein Leichtes, in Kontakt zu kommen und sich auch kulinarisch auszutauschen. Gerade beim Barbecue. Ich habe auch bis jetzt nirgendwo – einfach so im Vorbeifahren – so viele Grillgeräte gesehen. Dazu kommen noch die vielen Public-Barbecues, die für jedermann öffentlich zugänglich sind und teils kostenlos, teils gegen eine geringe Gebühr benutzt werden dürfen. Glaubt man Gerüchten, gibt es mehr öffentliche Barbecue-Plätze als Tankstellen im Land. Und draußen, unterwegs in den Outbacks, wo man oft tagelang keinem Menschen begegnet, kocht man entweder am Lagerfeuer oder hat seinen transportablen Grill dabei.

Nach einem 20-stündigen Flug ist die westaustralische Landeshauptstadt Perth mein Ziel. Von hier aus will ich in den tropischen Norden und in den klimatisch gemäßigteren Süden starten. Eines vorweg: Es gibt hier so viel zu entdecken, dass es unmöglich ist, alles Erlebte, alle Rezepte und kulinarischen Besonderheiten in einen Artikel zu packen. In den nächsten Folgen meiner Travel Story wird Westaustralien daher immer wieder ein Thema sein. In der Tropenzone des Nordens herrschen im Sommer (Wet-Season von November bis April) feucht-heiße und im Winter (Dry-Season von Mai bis Oktober) gleichmäßig warme Temperaturen. Der Süden hingegen gilt als die gemäßigte Zone, die sich durch heiße Sommer und milde Winter auszeichnet. So unterschiedlich wie die Landschaften und Klimazonen in diesem größten Bundesstaat Australiens sind, so vielfältig ist die kulinarische Seite.

Perth hat 1,7 Millionen Einwohner und ist die viertgrößte Stadt des Kontinents. Somit leben und arbeiten hier fast dreiviertel der Bewohner Westaustraliens (Westaustralien hat insgesamt 2,2 Millionen Einwohner, auf dem gesamten Kontinent leben 23,49 Millionen). Die Stadt ist sehr lebendig und ihr eilt der Ruf voraus, sich zu einer Food&Wine-Destination von Weltrang zu entwickeln. Es eröffnen derzeit überall kleine Bars, Cafés und Restaurants.

Doch ich halte mich in Perth nicht lange auf, sondern will in den nächsten Tagen so viel wie möglich über „Aussie Barbie“, das dazugehörige Lebensgefühl und die dafür verwendeten regionalen Lebensmittel (indigenous food) in Erfahrung bringen. Der nächste Flieger bringt mich in zweieinhalb Stunden in den Nordwesten nach Broome in die Region Kimberley. Die Stadt liegt am Indischen Ozean und zeigt sich schon im Anflug von ihrer faszinierenden Seite. Das Meer geht nahtlos in den Horizont über und in anderer Richtung kann man das Buschland im Hinterland erahnen. Ab und zu ist ein Buschfeuer zu entdecken. Vertrocknetes Unterholz wird kontrolliert abgebrannt, um das Wachstum junger Pflanzen zu erleichtern. Broome wurde Ende des 19. Jahrhunderts gegründet. Ein gewaltiges, natürliches Perlenaufkommen begründete einst den Reichtum der Stadt, zeitweise wurden 80 Prozent des weltweiten Perlmutt-Bedarfs durch den Abbau durch Perlentaucher an der Meeresküste gedeckt. Es herrschte eine Art Goldgräber-Stimmung, die viele tausend Menschen vor allen Dingen aus Asien anlockte. Der Boom hielt knapp drei Jahrzehnte an, danach wurden Perlen für Perlmutt künstlich gezüchtet. Heute ist der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle. Berühmt ist der „Cable Beach“, ein 22 Kilometer langer Strandabschnitt, an dem die Wüste auf den Ozean trifft. Außerdem ist hier an besonderen Tagen das Naturschauspiel „Staircase to the moon“ zu beobachten, bei dem in Vollmondnächten der Mond bei Ebbe über der Küste aufgeht.

Kunst und Kulinarisches
Broome ist durch seine Vergangenheit ein Schmelztiegel der Kulturen. Wer in kürzester Zeit einen Eindruck bekommen möchte, welche kulturellen Einflüsse hier aufeinandertreffen und wie sich diese auch kulinarisch auswirken, kann das bei „A Taste Of Broome“ testen. Diese Veranstaltung findet einmal im Monat von Mai bis September statt. Lokale Künstler, Handwerker, Musiker und Tänzer erzählen auf ihre Art Anekdoten der gemeinsamen Geschichte, umrahmt von einigen Streetfood- Angeboten aus der chinesischen, malaysischen, japanischen und indonesischen Küche – und natürlich aus der traditionellen Küche der Aborigines.

In Matso’s Brauerei
Wo man in Broome auf jeden Fall gewesen sein muss, ist Matso’s Broome Brewery. Hier gibt es wirklich vorzügliches Craft-Beer, dessen Ruf über den ganzen Kontinent geht, und ein empfehlenswertes Restaurant mit zum Teil asiatisch inspiriertem Essen. Vieles kommt vom Grill, neben Steaks und Burgern werden Fische sowie Schalen- und Krustentiere angeboten. Ich komme mit dem Küchenchef Gereon Menten ins Gespräch, er ist ein gebürtiger Kölner, hat dort auch seine Ausbildung zum Koch abgeschlossen und kam ursprünglich 2010 nur für einen Urlaub auf diesen Kontinent. Kurz vor dem Rückflug lockte ihn ein Stellenangebot und spontan blieb er hier, seit 2014 ist er als Head Chef für die kulinarischen Belange im Matso‘s verantwortlich. Aus seiner – für ein Restaurant dieser Größe extrem kleinen Küche, in der Gereons Organisationstalent gefragt ist, um den Gästeansturm bewältigen zu können – serviert er mir einen würzigen Pulled Pork Burger.

Auch in Australien ist Craft-Beer ein großes Thema und so hat sich auch hier eine Reihe von Mikrobrauereien etabliert. Die Matso’s Broome Brewery hat einige preisgekrönte und saisonale Biere auf der Karte, die zu den besten Bieren Australiens zählen. Meine Favoriten sind das fruchtige Mango Beer (die dafür benötigten Mangos wachsen hier in der Kimberley-Region) und das Ginger Beer.

Auf Grund der großen Nachfrage wird seit 2007 nicht mehr nur hier in diesem historischen Gebäude das Bier gebraut sondern ein Teil der Produktion in eine Brauerei in Perth ausgelagert. Das Gebäude der Brauerei hat eine überaus bewegte Geschichte hinter sich. Es wurde ursprünglich als die erste Bank in Broome gebaut. Sie stand mitten im Rotlichtbezirk von Chinatown, umzingelt von Opiumhöhlen und Bordellen. Ende der 1940er Jahre brannte das ganze Stadtviertel ab – nur dieses Gebäude blieb übrig und wechselte seitdem mehrfach die Standorte und seine Bestimmung. Bevor es zur „Hülle“ der Brauerei wurde, beherbergte es einen Gemischtwarenladen der Familie Matsumoto – der Brauereiname erinnert daran.

Rezept: Matso’s Pearler’s Burger

Zutaten (für ca. 4-5 Burger)

  • 1 kg Schweineschulter ohne Knochen
  • 400 g Wurzelgemüse (z. B. Zwiebeln, Sellerie, Karotten)
  • 700 ml Matso’s Pearler’s Pale Ale
  • Salz, Pfeffer
  • Blätter von Rotkohl und Eisbergsalat
  • Tomatenscheiben
  • Burgerbrötchen

 

Für die Sauce:

  • 10 g rote Chili, klein gehackt
  • 10 g Knoblauch, klein gehackt
  • 30 ml Weißweinessig
  • 70 g Zucker
  • 5 g Salz
  • 60 g Honig
  • 5 g Szechuan Pfefferkörner
  • 20 ml Zitronensaft
  • 1 Msp. rote indische Lebensmittelfarbe (falls vorhanden)
  • Maisstärke zum Abbinden

 

Zubereitung:
Für die Sauce alle Zutaten bis auf die Maisstärke in einem Kochtopf zum Kochen bringen und zum Schluss mit der Maisstärke abbinden (dafür etwas Stärke mit kaltem Wasser verrühren), so dass die Sauce sirupartig wird. Um den kalten Zustand der Sauce zu testen, einfach zu Beginn einen Teller ins Tiefkühlfach stellen und sobald die Sauce fertig gekocht ist, einen Esslöffel der Sauce auf den eiskalten Teller tröpfeln. Die Sauce erkaltet und man erkennt, wie stark sie abgebunden wurde.

Das Fleisch salzen und pfeffern, in einem Bräter von allen Seiten anbraten, das Gemüse zugeben und ebenfalls anrösten. Mit Pale Ale übergießen und für ca. 5 Stunden im Grill mit geschlossenem Deckel bei 160° C schmoren, bis das Fleisch zerfällt und man es „zupfen“ kann.

Zum Servieren mit der Sauce vermischen und zusammen mit den Salatblättern und Tomatenscheiben auf den Burgerbrötchen anrichten.

Cape Leveque – Auf den Spuren der Aborigines

Von Broome aus geht es mit einem Kleinflugzeug von Kimberley Aviation in das 220 Kilometer entfernte Cape Leveque auf der Dampier-Halbinsel. Die Vogelperspektive ist wahrscheinlich die beste Art, diese landschaftliche Schönheit aufzunehmen. Dieser Landstrich ist Aborigine Land und in über tausenden von Jahren haben die hiesigen Ureinwohner das Land geprägt. Ihre Kultur ist wohl die älteste bis heute existierende Kultur der Erde. Manche Stämme haben sich für den Tourismus geöffnet, um den Fremden ihre naturnahe Lebensweise nahezubringen. Dazu gehören auch die Saltwater People vom Stamm der Bardi. Ein Nachfahre von ihnen ist Brian Lee, ein Stammesältester, der mich mit seinem Geländewagen zum Fischen und anschließendem Barbecue abholt.

Es geht in wilder Fahrt zum Strand, unterwegs entpuppt sich Brian als großartiger und humorvoller Geschichtenerzähler, auch wenn ich manchmal Mühe habe, alle Pointen zu verstehen. Wenn er es bemerkt, kommt ein breites Lächeln über sein Gesicht. Er ist ein echter Charakterkopf, der sich hier am Geburtsort seiner Großeltern und Eltern im Gleichgewicht mit seinen Vorfahren und der Natur fühlt. Das spürt man auch als Außenstehender. Als Erstes zeigt mir Brian, wie man ein Speer herstellt, den er beim Fischen einsetzt.

Während ich versuche, selbst etwas Jagdtaugliches zustande zu kriegen, fängt Brian im seichten Wasser des Ufers mit seinem Netz ein paar Köderfische aus dem Ozean. Mit Hilfe der Köderfische an der Angel zieht er uns aus dem tieferen Wasser unser gemeinsames Mittagessen in Form zweier größerer Fische an Land. Brian entfacht aus trockenem Gras und Mangrovenholz ein Lagerfeuer. In der Glut grillen wir die Fische, zum Essen wird anschließend einfach die verbrannte Haut zurückgezogen. Sie schmecken köstlich so wie sie sind. Gewürze, Salz oder Pfeffer sind hier überflüssig. Mittlerweile hat die Ebbe eingesetzt. Wenn sie beginnt, wird das Wasser trübe und ein Aufenthalt darin ist nicht ganz ungefährlich. Es ist jetzt die perfekte Tarnung für Salzwasserkrokodile und denen will man lieber nicht auf diese Art und Weise begegnen. Das Wasser hat sich nun soweit zurückgezogen, dass am Ufer ein undurchlässiges Gestrüpp der Mangrovenwurzeln und eine Felslandschaft zurückbleiben. Auf der Unterseite von Fels- und Gesteinsbrocken lassen sich wilde Austern finden, von denen wir einige gleich verköstigen. Nach ca. 1 Stunde haben wir einen Sack mit 20 kg eingesammelt und machen uns bei Anbruch der im Winter früh eintretenden Dämmerung auf den Rückweg ins Camp.

Euer Elmar Fetscher

FORTSETZUNG FOLGT…