Das perfekte Messer

Die Frage nach guten Messern taucht in den Grillgruppen der sozialen Medien mit schöner Regelmäßigkeit auf. Gerne gestellt von Freunden oder Lebenspartnern, die auf der Suche nach Geschenken sind. So oder so sind die Fragenden nachher in der Regel kein Stück schlauer, denn am Ende haben 20 Leute ihren jeweiligen Lieblingshersteller genannt. Das ist natürlich überhaupt nicht hilfreich. Zumal das Verhältnis zum Arbeitsgerät Messer immer ein sehr individuelles ist. – Von Markus Mizgalski

Vielfältige Anforderungen
Ein gutes Messer ist in der Regel kein Schnäppchen. Dafür ist es – einen vernünftigen Umgang vorausgesetzt – ein Küchenwerkzeug fürs Leben. Es ergibt also durchaus Sinn, nicht einfach die erstbeste Klinge zu kaufen, sondern sich zunächst damit zu beschäftigen, was man eigentlich braucht und wie viel man bereit ist, dafür auszugeben. Denn leider gibt es das eine Messer nicht, das sich für alle Aufgaben eignet. Insofern sollte man eventuell auch den Kauf von zwei oder drei Schneidwerkzeugen in Erwägung ziehen.
Zunächst ist also zu klären, was ein Messer überhaupt leisten soll. Für die meisten wird hier ein eher breites Spektrum an Anwendungen wichtig sein: Fleisch, Fisch und Gemüse schneiden oder Kräuter hacken. Dafür eignet sich das klassische Kochmesser oder das japanische Pendant Gyuto. Auch das wahrscheinlich etwas bekanntere Santoku ist eine Klinge für Fisch, Fleisch und Gemüse; Santoku bedeutet übersetzt so viel wie Messer (der) drei Tugenden. Allerdings sind weder heimische noch japanische Kochmesser dafür gemacht, Knochen auszulösen. Damit hat man als Griller allerdings hin und wieder zu tun. Doch die großen, breiten Klingen sind weder wendig genug, um sauber an einem runden Knochen entlang geführt zu werden, noch ist ihr Schliff dafür gemacht, um auf dem harten Material herumzukratzen. Hierfür gibt es Ausbeiner, wahlweise mit starrer oder etwas flexibler Klinge. Für Angler bzw. Fischesser unverzichtbar ist dann noch das Filiermesser oder Filetiermesser, optisch dem Ausbeiner ähnlich, aber mit dünnerer, längerer und biegsamerer Klinge. Beim American BBQ kommt zum Schneiden von Brisket oder Pastrami oft der sogenannte Slicer zum Einsatz, ein Messer mit einer sehr langen halbhohen und dünnen Klinge, mitunter ohne Spitze. Die deutsche Entsprechung dazu ist das Schinkenmesser.
Bis auf das Kochmesser sind die genannten Klingen aber eher für spezielle Aufgaben gedacht, die gerade im Hausgebrauch in begrenztem Umfang anfallen. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, hier das Hauptaugenmerk auf eben jenes wahrscheinlich oft zum Einsatz kommende Kochmesser zu legen. Bei den Spezialmessern mag es zwar sehr schön sein, wenn die aus 64-lagigem Damast sind; der funktionale Nutzen allerdings wird dadurch gegenüber deutlich günstigeren Exemplaren nicht übermäßig größer.
Zum Kauf eines Kochmessers begibt man sich am besten in ein Fachgeschäft, das eine Auswahl vernünftiger bis hochwertiger Klingen verschiedener Hersteller anbietet. Denn es bringt überhaupt nichts, sich online ein Messer für einige hundert Euro zu bestellen, um dann festzustellen, dass man mit dessen Haptik nicht warm wird. Das beginnt bereits beim Gewicht. So mag mancher ein eher leichtes Schneidwerkzeug, andere wiederum möchten gerne viel Masse in der Hand halten. Noch wichtiger ist die Form des Griffs. Während das traditionelle japanische Messer üblicherweise einen geraden Griff mit einem leicht ovalen Querschnitt besitzt, haben Messer heimischer Machart einen eher ergonomisch geformten Griff. Hier gilt es individuell auszuprobieren, was sich auch länger als zehn Sekunden bequemer anfasst. Übrigens gibt es inzwischen sogar „hybride“ Messer, also japanische Klingen mit europäischem Griff.

Besonders harte Stähle sind sehr lange schnitthaltig, dafür aber anspruchsvoll zu schleifen und spröde. Sie brechen eher, als dass sie verbiegen.

Damast verleiht einer Klinge nicht nur eine besondere Optik, sondern auch besonders gut steuerbare Eigenschaften. Je nach Stahl ist die Klinge wie hier aber nicht rostfrei.

Schmieden ist Trumpf
Sehr einfache Messer sind in der Regel aus dem Vollen gestanzt oder per Laser geschnitten. Das Ergebnis kann durchaus vernünftig sein. Allerdings haben geschmiedete Klingen meist eine höhere Qualität. Das hängt damit zusammen, wie beim Schmieden das Materialgefüge und die Materialeigenschaften beeinflusst werden können. Das Herstellen von mehrlagigen Schmiedestählen lässt es zu, das Verhältnis von Schneidhärte und Flexibilität gezielt zu beeinflussen, weil man hier unterschiedlich legierte Stähle mit ihren jeweils spezifischen Eigenschaften kombinieren kann. Viellagige Damast-Messer stellen die Vollendung dieser Technik dar. Sie sind aber preislich am oberen Ende der Skala angesiedelt, insbesondere, wenn sie in reiner Handarbeit entstanden sind. Für den Hobbykoch oder Griller muss das dann vielleicht nicht sein; gerade die teuren japanischen Messer faszinieren den Laien eher emotional als durch ihre extrem hohe Leistungsfähigkeit. Von der profitiert man eigentlich erst beim tagtäglichen mehrstündigen Einsatz in der Profiküche. Oder anders ausgedrückt: An einem hochwertigen europäischen Kochmesser für vielleicht 200 Euro wird der Griller ähnlich lange Freude haben wie an einem Damast-Gyuto für 600 Euro. Letzteres wird aber in den Augen vieler einfach optisch mehr hermachen.
Optisch Eindruck machen auch die teils originellen Klingenformen, die einige Hersteller seit ein paar Jahren anbieten. Messer mit teils brachialem Aussehen und einer Anmutung irgendwo zwischen Koch und Pirat. Bei diesen Messern gilt noch viel mehr: Das Gefühl, mit dem Teil gut und breit gefächert arbeiten zu können, muss unbedingt gegeben sein.

Rostige Härte
Bei hochwertigen Messern ist eigentlich immer die Härte bekannt, angegeben wird sie in Rockwell. Die klassischen Solinger Messer liegen hier meist bei Werten zwischen 55 und 57 HRC, sind also eher etwas weicher. Japanische Messer bewegen sich zwischen 59 und 65 HRC. Insbesondere rustikal wirkende Klingen aus Carbonstahl zeichnen sich hier durch Härten von mehr als 60 HRC aus. Oft sind diese Messer nicht rostfrei, weshalb man peinlichst darauf achten sollte, sie sofort nach dem Gebrauch trockenzuwischen. Ansonsten dauert es gerade nach dem Schneiden von säurehaltigen Lebensmitteln keine 15 Minuten, bis die Klinge zu rosten beginnt.
Aber ist nun ein hartes oder eher ein weiches Messer die bessere Wahl? Grundsätzlich bleiben härtere Messer länger schnitthaltig. Allerdings werden Klingen mit zunehmender Härte spröder und verzeihen unsachgemäßen Umgang weniger gut. Für jemanden, der den Umgang mit einem Kochmesser nicht besonders gut beherrscht, ist für den Anfang daher ein europäisches Messer die bessere Wahl. Bei einer harten Klinge ist das Risiko doch recht groß, dass sie böse Scharten bekommt, weil Teile aus der Schneide herausbrechen. Und das geht leider schneller, als man denkt: Eine unachtsame Bewegung, einmal kurz auf die Kante der Arbeitsplatte oder den Rand eines Topfes getickt, und schon hat das gute Messer eine Macke. Und zwar eine, die sich nicht so einfach wieder beseitigen lässt. Denn mit zunehmender Härte wird auch das Nachschleifen schwieriger. Vor allem eher harte Klingen lassen sich dann fast nur noch auf einem Wasserstein schleifen, was eine Kunst für sich ist.

Obwohl dieses Messer ein Santoku ist, hat es durch den europäischen Griff nicht nur eine andere Haptik, sondern auch eine andere Balance. Außerdem besitzt es einen Kullenschliff, der die Haftung zwischen Messer und Schneidgut reduzieren soll.

Sehr ausgefallene Griffvarianten sind nicht jedermanns Sache; auch wenn so ein Messer extrovertiert ist, sollte man unbedingt vorher probieren, ob es sich gut anfühlt.

Nachschleifen
Überhaupt sollte man die Schleifbarkeit beim Kauf nicht ganz außer Acht lassen. Denn irgendwann steht das bei jedem Messer an. Für die weicheren Klingen bietet der Markt sehr viele gute Schleifhilfen an, die auch bei weniger geübten Anwendern zu guten Ergebnissen führen. Ganz vorne seien hier die Rollschleifer erwähnt, weil sie wirklich einfach zu bedienen sind. Das Nachschleifen von japanischen Messern ist – wie schon erwähnt – mit mehr Aufwand verbunden und erfordert Zeit und Können. Es gibt hier relativ aufwändige Schleifhilfen, die aber in guter Qualität ebenso wie vernünftige Wassersteine recht teuer sind.
Problematisch sind elektrische Schleifgeräte. Hier läuft man gerade bei weichen Klingen Gefahr, dass bei jedem Schleifdurchgang zu viel Material abgetragen wird und das Messer so unnötig verschleißt. Natürlich kann man seine Messer regelmäßig zum Schleifen weggeben, aber das hilft einem nicht weiter, wenn man kurzfristig scharfes Schneidwerkzeug braucht.
Ein Wetzstahl oder die keramische Version davon ist übrigens kein richtiges Schleifgerät. Er dient vor allem dazu, den Grat abzuziehen, der sich im Verlauf der Arbeit mit einem Messer bildet. Denn früher oder später „knickt“ der Mikrometer-dünne Teil der Schneide seitlich weg und bildet eine nahezu unsichtbare Kante. Genau die bekommt man durch das Abziehen wieder weg. Auch hier gilt: Diese Gratbildung erfolgt schneller, je weicher die Klinge ist. Allerdings lässt sich der Grat bei weichen Klingen wieder schneller entfernen.

Aufbewahrung und Pflege
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass hochwertige Messer einen eigenen Platz brauchen. Sie werden nicht besser, wenn sie durch die Besteckschublade poltern und dabei gegen andere Messer oder Saucenkellen schlagen. Ein Messerblock oder eine Magnetschiene sind die deutlich besseren Optionen. Will man seine Schneidgeräte transportieren, empfiehlt sich eine Messertasche. Nicht zuletzt tut man sich damit auch in Sachen Sicherheit einen Gefallen; aus Versehen in ein höllisch scharfes Santoku zu greifen, ist kein Spaß.
Gespült werden gute Messer mit der Hand, dessen muss man sich bewusst sein. Die Spülmaschine stellt, wenn die Klingen irgendwo dagegenschlagen können, eine große mechanische Belastung dar. Schlimmer sind aber die vergleichsweise aggressiven Reiniger, die – je nach Material – für ausgeprägte Korrosion sorgen können.
Wer es nicht schon getan hat, sollte sich weiterhin um eine passende Schneidunterlage kümmern. Auf der Granitarbeitsplatte Kräuter zu hacken, ist keine besonders gute Idee. Holz, Bambus oder Kunststoff bieten sich an. Hier muss man keine Unsummen investieren, aber es ist eben wichtig, dass das Brett-Material nicht härter ist als die Klinge.

Verschiedene Optionen zum Schärfen. Rollschleifer (im Vordergrund) haben sich als einfach zu handhabende Lösung etabliert. Für sehr harte Klingen kommt allerdings vor allem der Wasserstein in Frage.

Messer, die man nur gelegentlich braucht, kann man in einfacher Ausführung, aber ordentlicher Qualität kaufen. Dafür kann man dann mehr in das Arbeitsmesser investieren.

Fazit:
Wer beschließt, Geld in ein gutes Messer zu investieren, sollte sich die Zeit nehmen, nach dem richtigen Schneidwerkzeug zu suchen. Hier ist der Fachhandel eindeutig die bessere Adresse, weil er im Idealfall eine gute Auswahl bietet. Ganz wichtig: Man sollte sich nicht unbedingt von den großen Namen leiten lassen, die man sonst so aus der Küchenwelt kennt. Wer gute Töpfe herstellt, kann, muss aber nicht unbedingt ein Messerspezialist sein.


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