Ein Grillmeister namens Smartphone

So mancher Griller kämpft bei Ribs & Co damit, die Temperatur in seinem mit Holzkohle befeuerten Grillgerät überhaupt annähernd konstant zu halten. Anderen wiederum geht es um die absolute Perfektion und Genauigkeit beim Temperaturverlauf. Doch der ständige Blick aufs Thermometer ist auf Dauer keine Lösung, denn so wird ein Pulled Pork irgendwann zu einer extrem unentspannten Angelegenheit. Schön wäre es, die Steuerung zu automatisieren. Am besten so, wie man das vielleicht bei einem Pellet-Smoker schon mal gesehen hat. Und das geht – aber erst jetzt ist die Technik auf einem Niveau, auf dem sie auch für Griller benutzbar ist, die keine Elektronik- oder Computerexperten sind.

Das Prinzip
Eine automatische Grillsteuerung funktioniert, indem sie die Verbrennungszuluft mit Hilfe eines Gebläses regelt. Das Ganze geschieht in Abhängigkeit von der Temperatur im Garraum. Es wird also eine Zieltemperatur vorgegeben. Wird diese unterschritten, bläst der Lüfter und facht so die Glut an. Wird die Temperatur zu hoch, macht der Lüfter gar nichts, sodass die Hitze wieder abnimmt. Je dichter ein Grill schließt, desto besser funktioniert ein solches System. Besonders praktisch ist, wenn sich die Steuerung via Handy bedienen lässt.

Erste Ansätze
Tatsächlich war hierzulande einer der ersten Ansätze in diese Richtung gar keine kommerzielle Lösung, sondern ein Bastelprojekt namens WLANThermo (wlanthermo.de). Und selbst, wenn man inzwischen einiges an Hardware fertig kaufen kann, ist das Ganze immer noch eine Angelegenheit für technisch Interessierte und entsprechend versierte Zeitgenossen. Aber immerhin kann das, was mal als WLAN-fähiges Thermometer ins Leben gerufen wurde, heute einen Lüfter steuern.

Bei BBQ Guru sind die Steuerung und der Lüfter getrennt, was den Einsatz verschiedener Steuergeräte-Modelle ermöglicht.

Die Fireboard-Controller arbeiten nach demselben Prinzip wie der Guru, legen aber mehr Fokus auf die Thermometer-Funktionalitä.

Kauflösungen
Das erste und wohl inzwischen bekannteste System, das es hier mehr oder weniger fertig zu kaufen gab und weiterhin gibt, ist der BBQ Guru. Es ist das System, für das es wahrscheinlich die meisten Adapter gibt. Das Portfolio reicht hier von Lösungen für Kugel- oder Keramikgrills über solche mit zwei Lüftern für größere Smoker bis hin zu einem Anschluss für einen Kugelhahn, sodass man sogar seinen selbst gebauten Ugly Drum Smoker steuern könnte. Die Steuergeräte allerdings waren lange die Achillesverse; vor allem die „großen“ internetfähigen Modelle hatten mitunter einen gewissen Supportbedarf. Vor etwa einem Dreivierteljahr sind allerdings zwei komplett neu entwickelte Steuerungen – DynaQ und UltraQ – auf den Markt gekommen, die deutlich besser funktionieren. In Deutschland wird BBQ Guru von Monolith importiert und vertrieben, weshalb es kein Wunder ist, dass die Automatisierung der Monolith Keramikgrills auch auf Basis der Gurus passiert. Dabei gibt es sogar eine eigene Edition, die werksseitig gleich den Lüfter integriert hat; die anderen Modelle haben seit diesem Modelljahr einen Stutzen, auf den die Lüfter aufgesteckt werden.

Big Green Egg und Kamado Joe bieten jeweils eigene Lösungen an; EGG Genius heißt das bei BGE, iKamand bei Kamado Joe. Das besondere an den beiden Lösungen ist, dass Controller und Lüfter mehr oder weniger eine Einheit bilden. Das spart im Vergleich zum Guru ein Kabel, schränkt aber auch die Flexibilität ein.
Vom Aufbau ähnlich wie die Gurus ist das System von Fireboard. Hier liegt der Fokus der angebotenen Sets auf der Temperaturmessung. Die Controller können bis zu 6 Fühler verarbeiten. Lüfter und Adapter müssen zugekauft werden. Nativ anschließbar ist der Lüfter nur an die Controller mit Zusatz „Drive“; wer schon einen Fireboard 1- oder 2-Controller besitzt, benötigt ein ziemlich teures Adapterkabel.
Relativ neu und leider zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels aus logistischen Gründen in Deutschland nicht verfügbar ist das Inkbird ISC-007BW. Auch hier sind Controller und Lüfter eine Einheit, wobei das Gerät aber nicht direkt am Grill sitzt, sondern über einen Luftschlauch mit diesem verbunden wird.
Mit einem Preis von 199 Euro ist die Lösung von Inkbird, die in Fernost sogar noch etwas preiswerter bestellbar ist, das günstigste System. Das BBQ Guru UltraQ Universalset liegt mit 469 Euro am oberen Ende der Skala.

Egg-Genius und iKamand kommen direkt auf die Zuluftklappe der jeweiligen Kamados. Das macht die Systeme kompakt, begrenzt aber auch ihr Einsatzgebiet.

Auch das Inkbird ist kompakt, wirkt aber mit dem Schlauch ein wenig wie ein Beatmungsgerät für den Grill

Was bringt das Ganze?
Nun ist also keines der Systeme ein wirkliches Schnäppchen. Und so darf man schon einmal fragen, was der Griller zuhause davon hat, außer– dass er per WLAN sehen kann, wie heiß sein Grill und wie gar sein Essen ist. Grundsätzlich muss man zunächst festhalten, dass so eine Anschaffung sicherlich nicht besonders sinnvoll ist, wenn man einmal im Jahr Ribs macht und zweimal ein Roastbeef am Stück gart. Gedacht ist so etwas für die, die oft Longjobs fahren, also viel Pulled Pork, Brisket und anderes zubereiten, was einige Stunden bei eher niedrigen Temperaturen im Garraum liegt. Wir haben schon kurz erwähnt, dass das Funktionieren einer solchen Steuerung generell auch vom Grill abhängt. Auch ein Guru für fast 500 Euro kann konstruktive oder Materialschwächen eines Grills bestenfalls abfedern, aber nicht völlig wettmachen. Lässt sich ein Grill nicht vernünftig schließen und zieht permanent Seitenluft, ist eine saubere Regelung schwierig.

Auch tut man sich keinen Gefallen, ein solches Gebläse an einen Water- oder sonstigen dünnwandigen Smoker zu hängen, der bei 3° C Außentemperatur voll im Wind steht. Dann schafft der zwar womöglich 120 °C auf der obersten Rostebene, aber wahrscheinlich dreht der Lüfter durchgängig auf Volllast und der Kohleverbrauch verdreifacht sich. Das konstruktiv bedingte Temperaturgefälle zwischen Sidefire-Box und Garraum bei vielen klassischen Offset-Smokern beseitigt eine Grillsteuerung nicht. Sinnvoll ist sie bei allen Grills, die von Haus aus schon eine brauchbare Temperaturkontrolle ermöglichen. Das kann durchaus ein guter Kugelgrill oder ein Watersmoker sein. Die sollten dann aber geschützt stehen. Und natürlich lässt sich auch in einem vernünftigen Offset-Smoker so die Temperatur konstant halten. Hier ist dann nur wichtig, an welcher Stelle man Grillgut und Fühler für die Garraumtemperatur platziert. Im besten Fall allerdings regelt eine solche Steuerung, einmal richtig eingestellt, innerhalb eines Fensters von +/- 5 °C um die gewählte Zieltemperatur genau.
Besonders praktisch ist es dabei, wenn so eine Steuerung nützliche Zusatzfunktionen besitzt, etwa einen Ramp-Modus. Der sorgt dafür, dass nach Erreichen der Kerntemperatur der Grill auf eine Warmhaltetemperatur heruntergefahren wird. Auch die Erkennung für das Öffnen des Deckels ist sinnvoll. Das Prinzip ist dasselbe wie bei Heizungsthermostaten; das Gerät erkennt einen plötzlichen Temperaturabfall. Eine solche Erkennung sorgt dafür, dass die Temperatur nach Schließen des Deckels wieder kurz und dezent angefahren wird und die Steuerung nicht denkt, sie müsse die Kohle komplett neu anheizen.

„Wissenschaftlich“ Grillen
Den Grill komfortabel zu bedienen, ist sicher schon ein ganz wichtiger Aspekt solcher Steuerungen. Für Wettkampfgriller allerdings kommt noch etwas anderes hinzu: Ein solches System macht die Ergebnisse reproduzierbar. Vor allem, wenn man das Ganze mit elektronischer Dokumentation verknüpft. Viele WLAN-fähige Thermometer auch ohne Steuerung sind mit Online-Diensten verknüpft, die es erlauben, jeden Garvorgang aufzuzeichnen. Teilweise geht das so weit, dass sogar Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit an dem jeweiligen Tag mit erfasst werden können. Weiterhin sind Notizen, die sich auf bestimmte Zeitpunkte des Garvorgangs beziehen, möglich. Pflegt man dies sorgfältig, steht am Ende für alle denkbaren Witterungs- oder sonstigen Bedingungen ein passendes Setup. Dies ist durchaus ein Vorteil solcher Grillsteuerungen, wenngleich es vielleicht über den Bedarf des Hobbygrillers hinausgeht.

Die Installation
Die Nutzung einer Grillsteuerung bringt ein paar ganz praktische Herausforderungen mit sich. Da sie sowohl den Lüfter mit Strom versorgen müssen als meist auch über WLAN verfügen, ist der Stromverbrauch so hoch, dass ein Batteriebetrieb nicht mehr sinnvoll möglich ist. Es gab bis vor Kurzem von BBQ Guru noch den PartyQ, eine sehr schlichte „Steuerung“, die nur mit Batterien betrieben werden konnte. Vor allem im Winter wurde das gerne zum Problem, weil Kälte bei den meisten Batterien dazu führt, dass die Kapazität leidet. Die Stromversorgung via Netzteil ist also entsprechend sinnvoll. Dabei sollte man aber nicht ganz aus den Augen verlieren, dass der Grill einigermaßen trocken steht. Denn die mitgelieferten Steckernetzteile sind in aller Regel eigentlich für Innenräume gedacht. Ein Platzregen kann da womöglich schnell zum Problem werden.
Was ebenfalls nicht unterschätzt werden darf, ist ein gewisser Einrichtungsaufwand, den man jedes Mal hat. Er ist etwas höher als bei normalen Thermometern, nicht zuletzt, weil man eben den Lüfter am Grill befestigen und sich ggf. um eine Stromversorgung kümmern muss.

FAZIT:
Eine Grillsteuerung ist sicherlich kein Pflicht-Zubehör für jeden Griller. Wer oft ambitioniert Longjobs fährt, der wird so ein Gerät aber durchaus schätzen lernen. Allerdings sollte man sich über eines im Klaren sein: Ein Grill auf diese Art zu betreiben, ist absolut ergebnisorientiert. Wem es auch um den Vorgang des Garens geht, der wird mit solch einem System eher nicht glücklich.

Autor: Markus Mizgalski

 

Wir zeigen anhand eines BBQ Guru UltraQ, wie eine Grillsteuerung am Kamado funktioniert:

  1. Zunächst muss die Adapterplatte vor die Zuluftöffnung gesetzt und diese ansonsten mit dem Schieber verschlossen werden.
  2. Dann wird das Gebläse aufgesteckt. Beim Guru ist zu beachten, dass es außerdem einen mechanischen Verschluss für die Zuluftöffnung gibt. Die sollte geöffnet sein.
  3. Nun nimmt man das eigentliche Steuergerät in Betrieb und verkabelt es sowohl mit dem Lüfter als auch mit den Messfühlern (Probes). Hinweis: Die Einbindung ist WLAN und die Anmeldung beim zugehörigen Online-Dienst „Share my cook“ ist bereits erfolgt.
  4. Nun wird die Kohle wie gewohnt entzündet und das Setup für indirektes Grillen „eingebaut“.
  5. Mit der Smartphone-App stellt man nun die gewünschte Garraum-Temperatur so wie die zu erreichende Kerntemperatur ein.
  6. Die Fühler führt man möglichst so in den Grill, dass sie das dichte Schließen nicht behindern. In dem Fall durch das Deckelventil, das halb oder ganz geöffnet werden kann.
  7. Jetzt werden die Temperaturfühler platziert. Wichtig hierbei ist, dass der Garraumfühler möglichst weitab der aufsteigenden Hitze und nicht direkt an guten Wärmeleitern wie dem Rost platziert wird. Bei der Konstruktion im Bild könnte man sich die Kroko-Klemme auch sparen und den Fühler direkt in die Halter des „Baumes“ stecken.
  8. Jetzt bleibt nur, den Deckel zu schließen und die Steuerung ihre Arbeit machen zu lassen.
  9. Wer mag, kann den Garprozess am Bildschirm überwachen; läuft irgendetwas nicht so, wie erwartet, meldet sich die App allerdings auch.