Tausendsassa Sternanis

Die getrocknete sternförmige Frucht des immergrünen Sternanisbaums gehört zur Familie der Magnoliengewächse und ist in Südchina und Vietnam zu Hause. Als aromatisches Gewürz verwöhnt es Gaumen und Nase und ist außerdem eine Wohltat fürs Auge. Während es bei uns erst seit jüngerer Zeit zu den typischen Gewürzen der Winter- und Weihnachtszeit zählt, kennt und schätzt man Sternanis in China schon seit etwa 5000 Jahren. In der Küche, aber auch in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Während der Ausbreitung der Schweinegrippe machten Hamsterkäufe von Sternanis auf das Gewürz aufmerksam. Verantwortlich dafür sollte das Influenza-Medikament Tamiflu sein, das von vielen Ländern zur Bekämpfung der drohenden Pandemie nachgefragt wurde. Für dessen Produktion benötigte das Schweizer Unternehmen Hoffmann-La Roche große Mengen Sternanis als Basisstoff.

Früchte des Echten Sternanis mit noch unverholztem Perikarp von einer Farm in Quangxi, China (Quelle: fuzheado)

Der Handelspreis von Sternanis hatte sich damals, als die Schweinegrippe das erste Mal bekannt wurde, innerhalb eines Monats verdoppelt. Sternanis (Illicium verum) enthält die sogenannte Shikimisäure, und aus dieser gewinnt Hoffmann-La Roche, das als einziges Unternehmen dieses Medikament herstellt, Oseltamivir, das unter dem Handelsnamen Tamiflu verkauft wird. Dazu fragten Privatleute verstärkt Sternanis nach, um sich selbst gegen alle Formen der echten Grippe zu wappnen, obwohl Experten zu bedenken gaben, dass Sternanis selbst nicht gegen Influenza wirken würde. Allerdings ist das Gewürz bei uns in der Phytopharmazie als Medikament bekannt, die ätherischen Öle wirken gegen Entzündungen, Husten und Erkältung. Auch in der Literatur lassen sich zahlreiche Hinweise auf die Wirksamkeit von Sternanis bei Katarrhen der Luftwege sowie bei Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl und Blähungen finden und in der traditionellen chinesischen Medizin ist Sternanis wegen seiner stärkenden Wirkung auf Bronchien, Darm, Blase, Nieren und Herz geschätzt. Verantwortlich dafür ist in erster Linie Anethol – ein ätherisches Öl und Antioxidans, das Sternanis sein süßes, lakritzähnliches Aroma verleiht und das aus den Früchten, Blättern und Zweigen des Sternanisbaums gewonnen wird. Die Süße von Sternanis ist 13-fach stärker als die von Zucker. Der Sternanisbaum kann bis zu dreimal jährlich abgeerntet werden, die charakteristisch achtzackig geformten Balgfrüchte kommen im getrockneten Zustand in den Handel, entweder ganz, zerbrochen oder gemahlen. Wobei man ganze Früchte beim Einkauf bevorzugen sollte, da sie ihr Aroma am besten bewahren. Sie werden entweder vor Gebrauch im Mörser zerstoßen oder mitgekocht und vor dem Servieren entfernt. Im Orient werden noch unreife Früchte gerne gegen Mundgeruch gekaut. Sternanis gilt als das wichtigste Gewürz in der chinesischen Küche für Fleisch und Geflügelgerichte – kein süß gebeiztes Schweinefleisch, keine Pekingente kommt ohne Sternanis aus und auch im berühmten Fünf-Gewürze-Pulver darf es auf keinen Fall fehlen.

Zusammen mit Anis, Fenchel, Gewürznelken und Zimt zählt Sternanis in der traditionellen chinesischen Ernährungslehre zu den sogenannten „wärmenden“ Gewürzen, die in der kalten Jahreszeit einfach gut tun und fröstelnden Zeitgenossen wohltuend einheizen können. In der chinesischen Küche ist die richtige Verwendung von Würzmitteln äußerst wichtig und eine Kunst, die sich über die Jahrtausende entwickelt hat. Sternanis hat hierbei einen besonderen Stellenwert und bildet oftmals das i-Tüpfelchen, auch über regionale Unterschiede hinweg, gerade bei Fleischgerichten. So hat das Gewürz die Aufgabe, nicht nur den Geschmack der Speisen zu harmonisieren, sondern auch stark fischartiges oder nach Wild riechendes Aroma zu bändigen bzw. zu beseitigen. Die Kontrolle über das Feuer ist für chinesisches Kochen essenziell – und da kommt Sternanis mit seiner Süße besonders gut zur Geltung. Neben dem schnellen Braten im Wok über möglichst hohen Temperaturen hat das lange Schmoren auf kleiner Flamme Tradition, wie etwa das bekannte „Red Cooking“. Dabei sorgen Sojasauce, Reiswein und der langsam karamellisierte Zucker für die charakteristische dunkelrote Farbe des Essens, für die richtige Würze sind Sternanis und Zimt entscheidend. Wobei Sternanis nur sehr sparsam dosiert wird, da die Würzkraft sonst eher die Speisen dominiert, als ausgleichend zu wirken, und sich eine bittere Note entwickeln kann. Wer sich an das Würzen mit Sternanis außerhalb von Weihnachtsgebäck und Glühwein herantasten will, sollte erst einmal nur mit einem Stückchen der sternförmigen Fruchtkapsel experimentieren und sie mitkochen oder -schmoren lassen. Nach und nach bekommt man ein Gefühl für das besondere Aroma und kann die Dosis gegebenenfalls steigern. Denn ob süße, scharfe oder salzige Speisen: Sternanis gibt jeder Spielart einen ganz eigenen Charakter. Fürs winterlich-weihnachtliche Barbecue mit Geflügel oder Wild kommt hier ein passender Rub:


Sternanis-Rub

  • 4 Sternanis
  • 1 TL Koriandersamen
  • 2 EL brauner Zucker
  • 2 TL schwarze Senfkörner
  • 1 TL Szechuanpfeffer
  • 2 TL Salz

Sternanis, Szechuanpfeffer und Fenchelsamen in einer Pfanne ohne Zugabe von Fett leicht anrösten, sodass die Gewürze ihr volles Aroma entfalten. Anschließend etwas abkühlen lassen und zusammen mit dem Zimt und den Gewürznelken im Mörser oder mit Hilfe der Küchenmaschine zu feinem Pulver zermahlen. In ein zuvor ausgekochtes und gut abgetrocknetes Glas mit Schraubverschluss geben und dunkel und trocken lagern. So ist das 5-Gewürze-Pulver bis zu 6 Monaten haltbar und würzt Fleisch, Marinaden, Beizen sowie Kürbisgerichte und cremige Gemüsesuppen mit seinen scharf-blumigen Aromen.

 

5-Gewürze-Pulver

  • 6 Sternanis
  • 3 EL Szechuanpfeffer
  • 2 EL Fenchelsamen
  • 1 ½ EL Zimt
  • 2 EL Gewürznelke

 

Sternanis, Szechuanpfeffer und Fenchelsamen in einer Pfanne ohne Zugabe von Fett leicht anrösten, sodass die Gewürze ihr volles Aroma entfalten. Anschließend etwas abkühlen lassen und zusammen mit dem Zimt und den Gewürznelken im Mörser oder mit Hilfe der Küchenmaschine zu feinem Pulver zermahlen. In ein zuvor ausgekochtes und gut abgetrocknetes Glas mit Schraubverschluss geben und dunkel und trocken lagern. So ist das 5-Gewürze-Pulver bis zu 6 Monaten haltbar und würzt Fleisch, Marinaden, Beizen sowie Kürbisgerichte und cremige Gemüsesuppen mit seinen scharf-blumigen Aromen.