The Wild Sheeps of Ireland

BACK TO THE ROOTS: SCHAFZUCHT IN IRLAND Die Hochzeit der irischen Schafzucht war in den 1980er Jahren – verbunden mit negativen Einflüssen auf die Umwelt durch Überweidung. Doch die irische Regierung leitete einen Strukturwandel ein und holte internationale Konzerne und Banken ins Land, was für enormes Wirtschaftswachstum sorgte – bis zum großen Crash und dem Ausbruch der Finanzkrise. Das kleine Land wurde bis ins Mark erschüttert und Irlands ältester Wirtschaftszweig, die Landwirtschaft, erlebt seitdem ein Comeback. Die grüne Insel hat aus den alten Fehlern gelernt und setzt nun auch ökologisch auf ein grünes Image. FIRE&FOOD schaut das Leben der Lämmer etwas genauer an.

Irland ist das westeuropäischste Land und sein Klima wird vom Atlantik und einem gemäßigten Einfluss des Golfstroms bestimmt. Diese Mischung ist für starke Niederschläge verantwortlich – aber auch für das kräftigste Graswachstum in Europa. Ersichtlich in den grünen Weiden, die die Säulen der irischen Landwirtschaft bilden und es in den Ebenen, aber auch in den kleinen und mittleren Berggebieten ermöglichen, reiche Ökosysteme

und ein traditionelles landwirtschaftliches Leben ohne moderne Eingriffe beizubehalten. Die Landschaft in Irland ist geprägt von einem Patchwork aus grünen Feldern, die die meiste Zeit des Jahres über fruchtbar sind. Ein Paradies für die etwa dreieinhalb Millionen Schafe – aber auch viel Arbeit für die rund 33.000 Züchter. Alle Betriebe arbeiten als Familienunternehmen mit einer durchschnittlichen Schafherde von knapp über 105 Tieren. Das Hauptzuchtgebiet in Irland befindet sich in der Mitte des Landes, einer relativ flachen Landschaft, auch „Lowlands“ genannt, die auf der größten zusammenhängenden Fläche von Kalkstein in Europa liegt. Der hohe Kalziumgehalt macht es perfekt zum Weiden. In den Ebenen der Lowlands sind heute in erster Linie die Rassen Suffolk und Texel heimisch, während die eher traditionellen Rassen wie Blackface, Belclare und Cheviot (Weißkopf) hauptsächlich in den Highlands, den Hügel- und Bergregionen vorzufinden sind. FIRE&FOOD hat sich auf Spurensuche begeben und zwei Schafzüchter besucht, die jeweils als typisch für eine Low- und eine Highland Farm gelten.

Typisches Bild einer Heckenbewirtschaftung mit Schafen.

THE LOWLANDS
In den Lowlands, genauer in Tyrellspass in der Grafschaft Westmeath, leben Yvonne und Gordon zusammen mit ihren 550 Zuchtschafen auf ihrer Johnstown’s Farm, die sie in zweiter Generation betreiben. Es ist eine Schafzucht, deren Abläufe für viele Farmen in den Lowlands typisch sind. Das Ehepaar kreuzt Texelschafe, die bekannt für ihre hervorragende Fleischqualität sind, mit Lleyn, einer Rasse, die von der Westküste Wales stammt und mit ihrem starken Mutterinstinkt gut für die spätere Aufzucht der Lämmer ist. Die daraus resultierenden Mutterschafe werden mit Vendéen-Vätern gekreuzt, einer Rasse mit ebenfalls hervorragender Fleischqualität und einem sehr würzigen Fleisch aus der gleichnamigen Region in Frankreich. Im Oktober beginnt die Paarungszeit für die Schafe von Yvonne und Gordon, die Tiere bleiben in diesen Wochen bis in den späten Dezember oder Anfang Januar draußen auf den Weiden. Sobald die Mutterschafe trächtig sind, leben sie in kleinen Gruppen im Stall und bekommen Gerstenstroh und Getreide als Futter. Die Tragzeit dauert 21 Wochen, so dass die ersten Lämmer im März zur Welt kommen. 24 Stunden nach der Geburt dürfen sie schon zusammen mit ihren Müttern nach draußen auf die Weide, vorher bekommen sie allerdings erst noch ihre Ohrmarke, wie uns Yvonne erklärt. Das Kennzeichnen zur Identifizierung der Schafe ist gesetzlich vorgeschrieben, Gordon und sie nutzen allerdings ein elektronisches System, mit dem sie auch alle Ereignisse von der Geburt bis zum Schlachter oder Verkauf des Tieres dokumentieren. So können sie ihre Zuchterfolge kontrollieren, bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um sie zu verbessern. Im Juni, im Alter von 12 bis 14 Wochen, werden die Lämmer von der Muttermilch entwöhnt. Von dieser Zeit an sind die Lämmer schlachtreif, aber Yvonne erzählt uns, dass die meisten von ihnen im September und Oktober verkauft werden. Und damit beginnt alles wieder von vorn…

THE HIGHLANDS – Schroffes Land, zartes Fleisch
Connemara im westlichsten Zipfel Irlands gilt als wilde Schönheit und mythische Region und hat eine bewegte Vergangenheit als Zuflucht für Schmuggler und Piraten. Wild zerklüftetes Land trifft auf steile Klippen und lange Sandstrände. Farbenprächtige Heiden in den weichen Torfmooren und eine Art Mondlandschaft aus porösem Kalkstein prägen die Heimat der mit dem EU-Gütezeichen „g. g. A.“ (geschützte geografische Angabe) versehenen, als „Connemara Mountain Lamb“ bezeichneten und bei Feinschmeckern beliebten Schafe der Blackface-Rasse. Wir sind zu Gast bei Schafzüchter Bernard King in Leenaun in der Grafschaft Galway. Er bewirtschaftet die „Connemara Mountain Lamb Farm“ zusammen mit seiner Frau Allison in der dritten Generation. Sein Hof liegt direkt am Meer und man hat einen traumhaften Blick über Killary, Irlands einzigen Fjord. Die dazugehörigen Ländereien umfassen etwa 530 Hektar und sind Teil des Maumturk-Höhenzugs, manche der Weiden liegen 500 Meter über dem Meeresspiegel. Was sich für uns romantisch anhört, ist für Bernard mit viel Aufwand und Kosten verbunden und mit ausschlaggebend dafür, dass der Ertrag pro Tier seiner Zucht geringer ist, als beispielsweise bei Yvonne und Gordon in der Grafschaft Westmeath. Sein Betrieb ist mit dem irischen sowie mit dem EU-Bio-Siegel ausgezeichnet, unter anderem auch deshalb, weil sein Land von Natur aus nur extensiv bewirtschaftet werden kann. Manche Weiden sind so schlecht zu erreichen, dass Helikopter eingesetzt werden, um die Tiere zusammenzutreiben oder um Weiden einzuzäunen. Dafür können die Schafe auf der Suche nach saftigen Wiesen und frischen Kräutern ungehindert ausgedehnte Gebiete durchstreifen und „bedanken“ sich ihrerseits dafür, indem sie sich als Landschaftspfleger betätigen. Sie verhindern eine Verbuschung der Landschaft und verursachen dabei weniger Trittbelastung auf die Vegetationsnarbe als Rinder. Doch die Bergschafe wachsen hier nicht nur langsamer und in einem anderen jahreszeitlichen Rhythmus als ihre Vettern in den Lowlands, sie haben auch von Natur aus einen schmaleren Körperbau. Das bedeutet, dass sie nicht auf das von der Fleischindustrie gewünschte Gewicht von etwa 20 Kilogramm kommen, sondern höchstens 16 Kilogramm erreichen. Die Ablammzeit beginnt im Mai und dauert bis Ende August, danach weiden die Lämmer noch bis November in den Bergen und steigen erst für den Winter auf die Ebenen ab. Auf diese Weise erzeugt Bernard jedes Jahr im Dezember etwa 500 Lämmer. Für den Verkauf ist er darauf angewiesen, viele kleinere Abnehmer wie Restaurants, Fleischereien, Feinkost- oder Lebensmitteleinzelhändler zu gewinnen.

AIR DRIED LAMB – Jede Lammkeule ein Kunststück
Von Leenaun fahren wir wieder Richtung Landesinneres in die kleine Stadt Oughterard, quasi ins Herz von Connemara. Dort treffen wir auf Metzgermeister James McGeough, ein Spezialist für Fleisch- und Wurstdelikatessen, der einen luftgetrockneten Lammschinken nach alter – genauer gesagt nach deutscher – Handwerkstradition herstellt. Denn bevor James 1990 in die Familienmetzgerei einstieg, war er sechs Jahre lang zur Ausbildung in Deutschland, die er mit dem Meisterbrief abschloss. „Meine Zeit in Deutschland war sehr aufregend und eine spannende Erfahrung für mich. Ich habe ganz neue Wege kennengelernt – zumindest aus irischer Sicht – mit Fleisch umzugehen“, erklärt uns James. Er ist nach eigenen Aussagen der einzige Fleischer in Irland mit dieser Qualifikation und er fährt immer wieder für kurze Zeit nach Deutschland zurück, um seine Kenntnisse zu vertiefen und auf dem neuesten Stand zu halten. In Irland begann er nach seiner Rückkehr, aus Zutaten irischer Herkunft neue Produkte herzustellen, die bis dahin eher auf dem Kontinent verortet waren. Sein „Air Dried Lamb“ hat bei einheimischen Gourmets als „irische Antwort auf Parma-Schinken“ Furore gemacht und auch immer mehr Moslems des Landes interessieren sich für seine Lammspezialitäten als willkommenen Ersatz für verwandte Produkte aus Schweinfleisch. Bei James unterliegen alle Schritte bis zum fertigen Produkt der Handarbeit, wie der Fachmann erläutert: „Um einen guten Schinken herzustellen, braucht es nicht nur das richtige Handwerk, sondern vor allen Dingen auch ein ausgezeichnetes Ausgangsmaterial, also die Lammkeule von einem gesunden Schaf. Dessen aromatisches Fleisch durch die frische Seebriese und die vielen Kräuter bestimmt wurde, die das Schaf in der freien Natur auf seiner Wanderschaft durch die Berge gefressen hat. Der Prozess von der frisch geschlachteten Keule bis zum fertigen Schinken dauert über acht Monate. Zuerst werden die Lammkeulen per Hand in einer Mischung von Meersalz, heimischen Kräutern, Knoblauch, Wacholderbeeren, Minze, Zitrone, Orange und Nelken eingesalzen. Das Pökeln bei konstant regulierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit dauert etwas länger als fünf Wochen. Während dieser Zeit werden die Keulen jeden Tag massiert und gedreht, um sicherzugehen, dass die Salz- und Kräutermischung wirklich überall hinkommt und gleichmäßig einzieht. Danach reifen die Keulen am Knochen für fast sechs Monate in unserer Trockenkammer. Bevor sie in den Verkauf kommen, machen wir Stichproben mit Hilfe von Pferdeknochen-Nadeln, um zu testen, ob sie wirklich reif sind und sich der Geschmack entwickelt hat, den man von unserem luftgetrockneten Lammschinken erwartet.“ James empfiehlt die dünn geschnittenen Lammschinken-Scheiben – außer zu einer rustikalen Brotzeit – zusammen mit etwas grünem Salat und einem fruchtigen Dressing oder mit Aprikosen oder Feigen zu genießen.

LAMMKAREE mit Dulse, Meerfenchel und Rosmarin-Honig

Lust auf ein leckeres, irisches Rezept vom Lamm? Dann schau doch einmal HIER in unserer FIRE&FOOD Rezeptdatenbank! Küchenchef Seamus Commons, der als einer der größten irischen Talente in der Welt der Spitzenköche gilt, hat für FIRE&FOOD leckere Gerichte aus seiner Heimat gezaubert.