Die Tataren kommen: Kulinarischen Legenden auf der Spur

„Kratze an einem Russen, und es kommt ein Tatar zum Vorschein.“ Dieses russische Sprichwort drückt aus, wie sehr das ehemalige Nomadenvolk mit den unterschiedlichen Völkern auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und darüber hinaus verwurzelt ist. Kein Wunder, schließlich schlossen sich die Tataren im 13. Jahrhundert den Kriegszügen Dschingis Khan an und fielen in Teile Asiens und Europas ein. Auch nach Ende der Mongolenherrschaft blieben sie in den eroberten Gebieten ansässig. Heutzutage leben die Tataren überwiegend in der autonomen Republik Tatarstan oder im Nordwesten Baschkiriens (beides gehört zum osteuropäischen Teil Russlands), aber auch im Ural, auf der Halbinsel Krim, in Westsibirien und Kasachstan sowie in weiteren zentralasiatischen Republiken. Die Tataren waren bekannt als hervorragende Krieger und für ihre bedeutenden Fähigkeiten in der Pferdezucht, wobei sie die Tiere auch zur Fleischversorgung hielten. Ihrer Liebe zu ihren Pferden scheint auch die Legende über das „Tatar“ geschuldet zu sein, das sich im europäischen Raum schon im vorletzten Jahrhundert als Bezeichnung für geschabtes, rohes Rindfleisch etabliert hat.

Beefsteak à la Tatar: rohes, feingehacktes oder geschabtes Rindfleisch, meistens aus der Lende oder dem Roastbeef geschnitten. Serviert mit einem Eigelb, das in der Mitte platziert wird

Angeblich haben die Tataren rohes Fleisch unter die Sättel gepackt, um es für den anschließenden Verzehr mürbe zu reiten. Doch nagten an dieser Version in Westeuropa schnell Zweifel, man will sich auch nicht unbedingt ausmalen, wie das Fleisch nach einem mehrstündigen Ritt durchtränkt vom Pferdeschweiß – und dann auch noch roh – wohl geschmeckt haben soll. Falls die Tataren wirklich rohes Fleisch unter die Sättel gelegt haben, war das vielleicht eher zur Vermeidung von Druckstellen auf dem Pferderücken gedacht, da die Pferde für sie keine Arbeitstiere darstellten sondern wertvolle Wegbegleiter und sie dementsprechend gehegt und gepflegt wurden – aber auch das ist nur eine vage Vermutung. Eine andere Erklärung ist da plausibler: Die mongolischen Reiter und somit wahrscheinlich auch die Tataren, ernährten sich überwiegend von getrocknetem Fleisch, „Borts“ genannt. Das wurde in Streifen geschnitten oder zu einer Art Pulver vermahlen und im, bzw. am Sattel aufbewahrt. Zum Verspeisen musste es nur aufgekocht oder in heißen Tee gegeben werden. Dieses zerkleinerte Trockenfleisch wird wohl eher der Namensgeber unseres geschabten Rindfleisches sein.

Ein weiterer Tatarenmythos hat uns Grillfreunde bereits vor einiger Zeit erreicht: der Tatarenhut© aus Österreich. Angeblich hatten die mongolischen Reitervölker auf ihren Streifzügen große, zusammenrollbare Blechkegel dabei, die über die Lagerfeuer gesetzt wurden. Auf ihren großen Zacken konnte dann das Fleisch braten, das anschließend in geselliger Runde verspeist wurde. Der Tatarenhut© soll dem nachempfunden sein. Nun ja, der eiserne Hut mit der Krempe sieht wirklich wie ein Tatarenhut aus – allerdings eher wie die traditionelle Kopfbedeckung, die meistens aus Wollstoff genäht wurde. FIRE&FOOD hat sich bei einigen Lesern mit tatarischen Wurzeln umgehört, doch niemand wollte uns diese kulinarische Tradition bestätigen und auch das World Wide Web schweigt zu dieser Geschichte. Allerdings genießen die Tataren auch heute noch ihre Mahlzeiten gerne in geselliger Runde und Fleisch gehört unbedingt dazu – und das deckt sich wiederum mit den Zubereitungsmöglichkeiten der österreichischen Hutvariante. In der typisch tatarischen Küche sind die Gerichte aus Lamm-, Pferde-, Rind-, Enten- oder Gänsefleisch und Brot zubereitet. Milchprodukte und verschiedene Arten von Grützen spielen eine wichtige Rolle, um das Menu abwechslungsreich zu gestalten. Fleisch wird selten gebraten, sondern oft im „Kasan“ oder „Kazan“ mit Zwiebel in gesalzener Fleischbrühe gekocht. Serviert wird es mit in einem im Ofen „Tandir“ („Tandoor“) gebackenen Brot. Und auch heute noch wird Fleisch zur längeren Haltbarkeit von den Tataren gesalzen oder geräuchert und ist ein wichtiger Bestandteil der Esskultur. Mit dem Tatarenhut© können also zwar keine historischen tatarischen Gerichte zubereitet werden, aber köstlichen Grillgenüssen tut das überhaupt keinen Abbruch, wie wir beim Ausprobieren feststellen konnten!

Der Tatarenhut ist eine Art Grillfondue, mit dem sich drei bis fünf Gäste verköstigen lassen. Erhältlich in zwei Varianten: Mit Brennpasten- oder Holzkohleeinsatz. Zu beziehen über www.tatarenhut.at

 

Das Lagerfeuer für die gesellige Tafelrunde

Der Tatarenhut© ist eine Art Grillfondue, mit dem sich drei bis fünf Gäste verköstigen lassen. Je nachdem, was für Beilagen man reicht oder ob mehrere Gänge vorgesehen sind. Man rechnet mit ca. 200 Gramm Fleisch, Fisch, Innereien oder auch Würstchen pro Person, alles in mundgerechte und in mindestens zwei Millimeter dicke Scheiben geschnitten. Beim Grillen steckt jeder Gast sein Gargut nach eigenem Gusto auf die heißen Zacken des Huts, währenddessen in der Krempe zum Beispiel die Beilagen garen. Je nach Modell wird der Tatarenhut© mit Holzkohle oder Brennpaste beheizt, wir haben Kokosbriketts bei unseren Versuchen verwendet. Sobald der Hut auf den Heizkörper gesetzt wird, beginnt er, heiß zu werden und nach kurzer Zeit (ca. 5 Minuten) kann es losgehen. Zuerst sollten ein bis zwei Tranchen Speck aufgespießt werden, um den Hut etwas zu fetten. In die Krempe gibt man eine Bouillon, die man auch mit etwas Weiß- oder Rotwein, Sherry, Noilly Prat oder Pastis verfeinern kann – der kulinarischen Fantasie sind eigentlich keine Grenzen gesteckt, nur zu stark würzen sollte man die Boullion nicht, da sie durch die herabtropfenden Fleischsäfte noch zusätzlich gewürzt wird. Zudem empfiehlt es sich, immer etwas Brühe griffbereit zu haben, um bei Bedarf aufgießen zu können. In dieser Saftrinne garen die Beilagen wie klein geschnittenes Gemüse oder Kartoffeln, auch asiatische Nudeln mit kurzer Garzeit eignen sich gut.

Allerlei mit Fleisch für Tatarenhut

Zutaten:

Marinade für 800 g Rinderfilet:
• 500 ml kräftiger Rotwein
• 1 EL Pfefferkörner
• 1 Lorbeerblatt
• 1 Zwiebel, gewürfelt
• 1 Knoblauchzehe, gepresst
• ¼ Sellerieknolle, gewürfelt
Alle Zutaten mischen und das Rinderfilet über Nacht marinieren.

Marinade für 800 g Schweinefilet:
• Saft von 3 Orangen
• 1 EL Orangenmarmelade
• 1 frische Chilischote, fein gehackt
Alle Zutaten mischen und das Schweine-filet für mindestens 3 Stunden marinieren.

Marinade für 800 g Hasenrückenfilet:
• 7 Wacholderbeeren
• 1 TL Tannennadelspitzen
• 4 EL Rapsöl
• 1 EL mittelscharfer Senf
• Wacholderbeeren und Tannennadel- spitzen gut mörsern und mit Öl und Senf verrühren. Fleisch damit einreiben und über Nacht marinieren.

Zubereitung:
Das Fleisch jeweils aus der Marinade nehmen und mit einem Küchenpapier gut abtrocknen. In mundgerechte Stücke schneiden und zum Grillen bereit halten. Zum gegrillten Fleisch verschiedene Grill- oder Fonduesaucen reichen.