Label Rouge – Das französische Gütesiegel

Label Rouge – Das französische Gütesiegel

Genießen wie Gott in Frankreich: Es ist wohl kein anderes Land Europas so eng mit dem Begriff „Genuss“ verbunden wie Frankreich. Zu allen wichtigen Ereignissen im Laufe ihres Lebens treffen sich die Franzosen bei einem guten Essen. Die Qualität der Lebensmittel nimmt dabei einen ebenso hohen Stellenwert ein wie der Aspekt der Geselligkeit. Die Küche Frankreichs ist geprägt von lang überlieferten regionalen Traditionen und einer bäuerlichen Produktion der Lebensmittel. Doch auch in Frankreich wurde ab den 1950er Jahren die Industrialisierung der Landwirtschaft vorangetrieben. Eine Handvoll französischer Geflügelzüchter stellte sich 1960 gegen diesen Trend. Sie wollten an ihren traditionellen Aufzuchtmethoden festhalten und initiierten das nationale Gütesiegel „Label Rouge“. Zum Wohle des Federviehs – und unseres Gaumens!

Ob in der Kita, in der Schule oder zu Hause am Esstisch: Schon im Kindesalter lernen die Franzosen, dass gutes Essen nicht nur satt macht, sondern auch der Kitt des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist. Beim gemeinsamen Mittag- oder Abendessen werden selten weniger als drei Gänge aufgetischt. Eine Mahlzeit bildet so schon allein zeitlich den perfekten Rahmen für anregende Gespräche. Wer in Frankreich Freunde oder Verwandte zum Essen einlädt, geht oftmals als erstes auf den lokalen Wochenmarkt, der in der Regel mindestens zweimal pro Woche stattfindet.

Angeboten wird Obst und Gemüse, das – anders als in Deutschland – meist günstiger zu haben ist als im Supermarkt. Auch handwerklich hergestellte Back- und Wurstwaren, Käse aus den Manufakturen kleiner Höfe sowie Fleisch und Fisch gehören vielerorts zum Angebot. Diese sind in der Regel höherpreisig als im Handel, aber dafür von ausgesucht guter Qualität. Man tauscht sich beim Einkauf mit den Produzenten aus und profitiert so von ihrem Wissen zu den einzelnen Produkten, welches sich beim Kochen direkt anwenden und gleichzeitig an die Kinder weitergeben lässt. Ein über Generationen bewährter Kreislauf, der die Grundlage dafür bildet, dass hochwertige Lebensmittel in Frankreich über breite Gesellschaftsschichten hinweg eine so große Relevanz haben. Es hat einen Grund, dass die kulinarische Leistung Frankreichs von der Unesco im Jahr 2010 in die Liste des immateriellen Welterbes der Menschheit aufgenommen wurde und auf diese Weise mit kulturellen Errungenschaften wie dem argentinischen Tango, dem portugiesischen Fado oder dem spanischen Flamenco in einer Reihe steht. In diesem Kontext ist es auch zu verstehen, dass sich in Frankreich ein amtliches Gütesiegel wie Label Rouge schon früh etablieren konnte.

Haltung gut, alles gut?

Gütesiegel sind ein beliebtes Marketinginstrument, um dem Verbraucher eine gewisse Verlässlichkeit und Transparenz zu suggerieren und zum Kauf anzuregen. In Deutschland sind im Lebensmittelbereich etwa die unterschiedlichen Bio-Siegel, wie beispielsweise von Demeter, Bio- oder Naturland sowie das deutsche oder EU-Bio-Siegel und das MSC-Zertifikat für nachhaltig gefangenen Fisch, zu nennen. Sie besitzen einen hohen Bekanntheitsgrad und gelten als zuverlässig. Ein bekannter Zertifizierer in diesem Bereich ist zum Beispiel die Ecocert Deutschland GmbH. Außerdem existieren in Deutschland verschiedene privatwirtschaftliche Tierwohllabel, die über die Haltungsform Auskunft geben, doch eine gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung mit einheitlichen und verlässlichen Informationen zu den Haltungsformen gibt es bisher nicht. Das soll sich aber ändern, denn die jetzige Bundesregierung verfolgt das Ziel, eine verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung einzuführen. Damit soll die gesetzliche Verpflichtung geschaffen werden, Lebensmittel tierischer Herkunft mit der Haltungsform der Tiere zu kennzeichnen, von denen das Lebensmittel gewonnen wurde. Dieses Gesetz soll für Transparenz sorgen: Einerseits für die Verbraucherinnen und Verbraucher, damit sie eine informierte Kaufentscheidung treffen und bewusst zwischen verschiedenen Haltungsformen entscheiden können. Andererseits sollen die Landwirtinnen und Landwirte verlässlich darauf bauen können, dass ihre Leistung für mehr Tierschutz wirklich vom Verbraucher gesehen und bestenfalls dementsprechend honoriert wird. Doch der Knackpunkt an all diesen vorhandenen und geplanten Kennzeichnungen und damit der Unterschied zum französischen Label Rouge-Gütesiegel ist die fehlende Aussagekraft zu dem Genusswert des Lebensmittels. Der wird nicht nur durch die Haltungsform und die Futtermittelzusammensetzung bestimmt, die in Deutschland überwiegend nur in der Kategorie „Mast: Standard“ stattfindet. Es fehlen die alten, schmackhaften Geflügelrassen, da in Deutschland jahrzehntelang ausschließlich auf effiziente Hybride gesetzt wurde. Ein Problem, das auch die diversen Bruderhahninitiativen vor Hürden stellt, bei denen das Töten von männlichen Küken durch Hahnenaufzucht verhindert wird. Denn bei aller Tierliebe und besten Aufzuchtbedingungen: Es handelt sich bei diesen Hähnen immer noch um die Brüder von Legehybrid-Hennen – und da sind der Ausbildung von Fleischgeschmack und Fleischqualität deutlich Grenzen gesetzt. Was sich wiederum negativ auf die Vermarktungsmöglichkeiten auswirkt.

Der französische Weg
Eine Handvoll französischer Geflügelzüchter ist einen anderen Weg gegangen. Sie befürchteten bereits Ende der 1950er Jahre, dass die vorangetriebene Industrialisierung der Landwirtschaft auf Kosten des guten Geschmacks gehen könnte. Sie sagten der Massentierhaltung den Kampf an und setzten sich für eine offizielle Anerkennung ihrer traditionellen Aufzuchtmethoden basierend auf der Freilandhaltung bewährter, langsam wachsender Geflügelrassen ein. Es war der Startschuss für das amtliche Label Rouge-Gütesiegel, das am 5. August 1960 vom französischen Landwirtschaftsministerium verabschiedet wurde. Neben den verschiedenen Geflügelarten ist das rot-weiße Qualitätssiegel heute auf Rind-, Lamm-, Kalb- und Schweinefleisch, Wurstwaren und Eiern zu finden. Es zeichnet keinen einzelnen Erzeuger oder eine Marke aus, sondern lediglich ein bestimmtes Produkt, das den festgelegten Anforderungen entspricht und ständig überwacht wird.

Label Rouge im Vergleich mit den aktuellen Kennzeichnungen im deutschen Handel:

Rezept für Maishähnchen „Coq au vin“-Style

Profi-Grillmeister Gerhard Volk (links im Bild) und Heiner Haseidl haben für FIRE&FOOD in der Grill-Akademie im badischen Durbach drei spezielle und nicht alltägliche Rezepte für Label Rouge Geflügel kreiert. Die Be-sonderheiten liegen im Detail der Rezepte – aber überzeugt euch selbst!

Zutaten (Für 4 Personen): 
• 1 ganzes Maishähnchen, ca. 1200 g
• 20 g Rapsöl
• 40 g kräftiger Rotwein
• 40 g Cognac
• 20 g kalte Butter, klein gewürfelt
• Salz, Pfeffer

Für die Gewürzmischung:
• 10 g grobes Meersalz
• 7 g schwarzer Pfeffer, geschrotet
• 2 g Rosmarin, geschnitten
• Chiliflocken, Menge nach Geschmack
• Schalenabrieb von 1 Bio-Orange

Für die Paprikabutter zum Einpinseln:
• 20 g Butter
• 4 g geräuchertes Paprikapulver La Vera

 

Zubereitung:
Für die Gewürzmischung Pfeffer rösten und im Mörser zerstoßen, restliche Zutaten untermischen.
Das Hähnchen nicht waschen, sonst verteilt ihr die Bakterien in der ganzen Küche. Den Edel-Vogel mit Rapsöl einreiben und mit die Gewürz­mischung innen, außen und unter der Haut gleichmäßig einmassieren.
Einen geschlossenen Geflügelhalter mit dem Rotwein befüllen, das Hähnchen darauf platzieren. Die Haut zum Rücken ziehen und mit einem Holzspieß fixieren. Flügel in der „Feierabendstellung“ hinter dem „Kopf“ verschränken. Butter schmelzen und mit dem Paprikapulver vermischen. Den Grill für indirekte Hitze bei 180–200 °C vorbereiten. Den Geflügelhalter mit dem Hähnchen in der indirekten Grillzone platzieren. Zur Kontrolle einen Kerntemperaturfühler an die dickste Stelle der Brust setzen und den Grilldeckel schließen.
Den geilen Vogel garen, bis eine Kerntemperatur von 74 °C erreicht ist. Dann rundum mit der Paprikabutter einpinseln. So lange weiter grillen, bis die Kerntemperatur von 76 °C erreicht ist. Aus dem Grill nehmen und bis 2 °C unter der Kerntemperatur ruhen lassen. Zum Fertigstellen den Cognac leicht erwärmen, anzünden und das Hähnchen auf dem Geflügelhalter damit flambieren. Anschließend vom Halter nehmen, tranchieren und auf einer warmen Platte anrichten. Den gesamten Inhalt des Geflügelhalters in einen Saucen-Topf geben, kalte Butter einarbeiten, eventuell mit Salz und Pfeffer würzen. Die entstandene Sauce auf dem tranchierten Hähnchenfleisch verteilen. Vive La France!

 

Gerhards BBQ-Tipp: „Wenn ihr das Brustbein von oben her­austrennt, lässt sich der Vogel später besser tranchieren“.

 

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